Die Geschichte der Familie Foscari

In diesem Bereich stehen alle Hintergrundinformationen zu den Charakteren und Institutionen, die mit ihnen zusammenhängen. Dabei stehen die Familiengeschichten seit dem Rinascimento im Vordergrund.
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Marco Foscari
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Die Geschichte der Familie Foscari

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Die Geschichte der Familie Foscari

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Eine kurze Geschichte der Familie Foscari zu Palatina, einst Dandolo-Foscari, mit allervorzüglichsten Hinweisen auf Seitenzweige, wie der zu Leone, zu Sant'Ambrogio, zu Belcanal' und anderen kuriosen Begebenheiten von 1522 A. D. an.


Herkunft und Genese der palatinischen Foscari (1520-1590)
Die Foscari-Dandolo (1590-1660)
Die Aufspaltung der Foscari (1660-1740)
Die Foscari del Leone (1740-1780)
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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Marco Foscari
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Re: Die Geschichte der Familie Foscari

Beitrag von Marco Foscari »

Herkunft und Genese der palatinischen Foscari

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Wappen der Familie Foscari zu Venedig

Die Foscari sind ursprünglich ein venezianisches Patriziergeschlecht, das mit dem Botschafter Achille Foscari - der Sohn des Marcantonio - zum ersten Mal eine relevante Rolle in Palatina spielte. Etwa 1522 schickte ihn die Markusrepublik an den Rio. Achille behielt diese Aufgabe bis zum Ende seines Lebens und delegierte seine Kaufmannsgeschäfte völlig von Venedig nach Palatina um. Sein zweitgeborener Sohn Marcantonio gilt als erster in Palatina geborener Foscari; seine beiden älteren Geschwister Cesare und Silvia wurden zwar noch in Palatina geboren, wuchsen aber fast ausnahmslos in der neuen Heimat auf. Dass dieser Seitenzweig der Foscari jedoch noch sehr stark an der Lagunenstadt hing, zeigt nicht zuletzt die Heirat der ältesten Tochter Silvia mit einem Dandolo, und damit einer alteingesessenen venezianischen Familie.

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Das Diagramm zeigt die Familien Foscari und Dandolo um 1560. Zum Vergrößern klicken.

Von den fünf Foscari-Geschwistern in Palatina sollte Cesare Foscari der geläufigste Name sein. Die drei Foscari-Brüder hatten das väterliche Geschäfte kontinuierlich ausgebaut, doch sollte es an Cesare liegen, nach dem Tod der Brüder dieses mit einem solchen Erfolg zu entwickeln, dass er sich de facto zum Herrn der Markthalle aufschwang und somit maßgeblichen Einfluss auf das ökonomische Leben Palatinas hatte; mehrmals bekleidete er das Amt des Meisters der Kleinen Gilde. Cesare hatte entscheidenden Anteil an der Wahl des Dogen Tiberio Livio di Testabella e Braccioleone im Jahr 1557 und saß aufgrund seines sagenhaften Vermögens im Großen Rat der Stadt als Patrizier. Ob er der reichste Palatiner seiner Zeit war, ist bis heute nicht belegt.

Vor der Pest von 1546, von der die in Palatina lebenden Foscari schwer getroffen wurden, waren es vor allem die jüngeren Foscari-Brüder Marcantonio und Augusto gewesen, die sich in Palatina und Venedig um den Handel kümmerten, während Cesare in der weiten Ferne waghalsige Unternehmungen durchführte, um anschließend mit Gold und Juwelen zurückzukehren. Marcantonio Foscari war es dabei auch, der das spätere Landgut Sant’Ambrogio ab 1543 übernahm und nach den frustrierenden Versuchen seines Vaters die ersten Qualitätsweine der Marke Foscari etablierte. Bereits vor dem Pestausbruch starb Cesares jüngste Schwester Giulia Foscari unter mysteriösen Umständen, die gerüchteweise mit einer Vermählung zusammenhingen.

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Achille Foscari, Botschafter Venedigs, kam 1522 nach Palatina

Diese Verkettung von Tragödien führte dazu, dass die einst zahlreiche Foscari-Sippe in Palatina nach 1546 nur noch aus einem einzigen Mitglied bestand. Einzig die in Venedig lebende Silvia Foscari sollte als Ehefrau des Orlando Dandolo fünf Kinder zur Welt bringen. Obwohl Cesare nachweislich mehrere Affären in seinem Leben hatte, und zumindest in einem Fall von einem unehelichen Kind die Rede ist, das in jungen Jahren starb, blieb die Stammreihe ohne Nachfolger. Erst mit Ottavio Dandolo sollte im Jahr 1558 zumindest ein Nachfahre des Achille Foscari wieder Palatina betreten, als dieser nach einer Belobigung durch den Rektor der Universität zu Padua ein Stipendium für den Aufenthalt an der Palatiner Universität erhielt.*

Mit zunehmenden Alter gewann für Cesare die Nachfolgeregelung brennende Bedeutung: die dauernde Angst um die Zukunft des Vermögens und des aufgebauten Imperiums aus Handelsnetzwerken, Verträgen und Gefälligkeiten ließ in ihm den Entschluss reifen, den Neffen zu seinem Alleinerben einzusetzen. Doch Cesare, der nichts mehr hasste als die Steuerbehörde, und den Namen des eigenen Geschlechts nicht aus den Annalen der Stadt getilgt wissen wollte, begehrte mehr: Ottavio sollte nicht nur Erbe, sondern an Sohnes statt eingesetzt werden. Die Adoption stieß bei Orlando Dandolo, dem Vater Ottavios, auf wenig Gegenliebe. Eine Auslösesumme schlug der Dandolo für seinen Sohn empört aus. Erst nach dem Ableben Orlandos, und nachdem Ottavios Bruder Marcantonio mehrfacher Vater geworden war, ergab sich die Möglichkeit einer Adoption. Aus Ottavio Dandolo wurde Ottavio Foscari – er gilt als Spitzenahn der „Foscari von Palatina“, jenes Seitenzweiges der ursprünglich venezianischen Sippe, die heute als so palatinisch gilt wie die Braccioleone.

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Cesare Foscari, letzter direkter männlicher Nachkomme von Achille, circa 1555

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*Ja, das glauben die offiziellen Geschichtsschreiber der Foscari-Dynastie wirklich.
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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Marco Foscari
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Re: Die Geschichte der Familie Foscari

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Die Foscari-Dandolo

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Wappen der Familie Foscari-Dandolo zu Palatina

Die Familienoberhäupter des palatinischen Zweiges der Foscari behielten in den ersten beiden Generationen noch den Doppelnamen Foscari-Dandolo, seltener Dandolo-Foscari; so verwendete Ottavio als Gründer der Dynastie noch um 1600 letztere Version. Dennoch war ab diesen Moment klar, dass es sich bei der Familie jetzt durchweg um ein palatinisches Geschlecht handelte. Nahezu alle Foscari wurden anschließend in den Grenzen der Republik Palatina geboren, und das Heiratsspektrum der Familie konzentrierte sich nunmehr auf die Nobilität der eingesessenen Sippen.

Schon um 1600 hatte Ottavio als Herr der Markthalle, Rektor der Universität, Botschafter der Republik Venedig und als Gildenmeister von Sankt Nikolaus eine solche Ämtervielfalt bekleidet, dass die übrigen Familien sich fragten, ob die Foscari womöglich nicht zu viel Macht besaßen. Er verpflichtete sich, nie wieder für die Kaufmannsgilde zu kandidieren und seine Macht zumindest an seine Nachfolger zu delegieren, um sein Wohlwollen gegenüber der Serenissima zu zeigen. Nur mit sehr viel Geschick war es ihm möglich, das Amt des Markthallenverwalters neuerlich erblich zu machen und an seinen jüngsten Sohn Cesare abzutreten. Um Verwechslungen mit dem gleichnamigen Großonkel zu verhindern, wird er in der Geschichte häufig „Cesare der Jüngere“ genannt. Sein erstgeborener Sohn folgte ihm als Botschafter für Venedig nach, obwohl auch dies zu Spannungen führte, weil die Markusrepublik Aurelio Foscari schon nicht mehr als Venezianer, denn als Palatiner wahrnahm und man einen Interessenkonflikt befürchtete. Inneruniversitär legte sich Ottavio mit seinen Kollegen an, weil er seine talentierte Tochter Orlanda förderte. Ihre Wahl zur ersten Dekanin der Universität zu Palatina blieb umstritten. Einzig die Karriere seines Sohnes Tarquinio im Militär wurde gebilligt; Tarquinio hatte keine Interessen am Handel, an der Politik oder an der Wissenschaft gezeigt und konzentrierte sich nur aufs Kriegshandwerk.

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Das Diagramm zeigt die Familie Foscari-Dandolo zwischen 1590 und 1660. Zum Vergrößern klicken.

Schon in den letzten Lebensjahren Ottavios nahmen die Spannungen zwischen den drei ungleichen Brüdern zu. Aurelio war ein geschickter Diplomat und Politiker, verstand es aber nicht, selbst Geld zu erwirtschaften. Das führte zum Konflikt mit Cesare, der zeigte, dass er seinen Namen nicht umsonst trug; doch musste der sich stets den Forderungen seines älteren Bruders beugen. Tarquinio indes verprasste ein Vermögen bei seiner Hochzeit mit Livia Braccioleone, um die Vermählung Aurelios demonstrativ zu übertrumpfen. Die jüngeren Söhne wollten offenbar nicht den Anspruch des Ältesten ohne Widerspruch erdulden.

Ottavio verfügte daher in seinem Testament, dass die Familie sich nicht trennen sollte, da keiner seiner Teile allein überleben könne. An Aurelio vermachte er die Ca‘ Foscari, den Sitz des Oberhauptes* der gesamten Familie bleiben sollte; an Tarquinio das Landgut Sant‘ Ambrogio; an Cesare nur ein Stadthaus in der Città Antica, da dieser mit der Markthalle den lukrativsten Posten bekleidete. Ottavio hatte darauf gehofft, dass die Sippe weiterhin unter einem Dach leben würde, um die gemeinsamen Interessen abzustimmen. Obwohl Tarquinio und Cesare den Rang ihres Bruders als neues Oberhaupt anerkannten, sprachen die Brüder immer weniger miteinander. Das unausgesprochene Ziel aller war die Erlangung des Status des Nobile, um damit eine prestigeträchtigere Stellung zu haben.

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Aurelio (1610-1633), der Nachfolger Ottavios, konnte die Familie nur mit viel Mühe und diplomatischem Geschick zusammenhalten

Ein erster Schritt war dabei die Einheiratung in die Nobilität: alle drei Brüder heirateten eine Frau aus der obersten Schicht Palatinas. Damit war bereits ein bedeutender Schritt getan. Dabei ließ der Doge häufiger durchblicken, dass Tarquinio sich als Soldat am ehesten um das Wohl der Republik verdient gemacht hatte. Das war auch deswegen eine taktische Entscheidung, weil Tarquinio nur zwei Töchter hatte, und der Titel in seinem Zweig wieder verloren gegangen wäre. Aurelio gegenüber machte er die Bedingung, dass die Foscari auf ihr Recht als Botschafter Venedigs aufgaben. Das war für Aurelio jedoch zu diesem Zeitpunkt unannehmbar, weil ihm ohne Markthalle und ohne Landgut nur die Politik als Betätigungsfeld blieb und er so an Gewicht verloren hätte; womöglich ist dadurch die Entscheidung zu erklären, gleich zwei Kinder in den geistlichen Stand zu schicken, um über die Kirche an Macht und Einfluss zu gewinnen, den er woanders einbüßen musste.

Aurelios Zeit als Familienoberhaupt gilt daher eher als durchwachsen. Zwar wurden für die Zukunft entscheidende Weichen gestellt, um den Ruhm der Familie zu mehren; aber die Zerwürfnisse führten nicht nur zu Misstrauen untereinander, sondern auch zur Minderung des gesamten Vermögens. Der Dreißigjährige Krieg wütete in Mitteleuropa; der menschliche und materielle Verlust bedeutete ein Ausfallen Deutschlands als Absatzmarkt für Jahrzehnte. Die Türken führten Krieg gegen Venedig und zogen Palatina in eine Wirtschaftskrise; zuletzt wütete 1629/1630 die Pest und traf die gesamte Halbinsel schwer. Auch persönliche Tragödien blieben nicht aus: Alessandro Foscari, der Erstgeborene Cesares, überwarf sich mit seinem Vater, weil er das Kaufmannsleben als langweilig, kleingeistig und unwürdig empfand und das Soldatenleben seines Onkels Tarquinio idealisierte, mit dem er in den Mantuanischen Erbfolgekrieg zog – und mit diesem den Tod fand.

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Cesare, der Jüngere (1633-1653), führte seine Familie in die Nobilität, zahlte dafür aber einen hohen Preis

Damit war nach Aurelios Tod klar, dass Cesare der einzige logische Nachfolger sein konnte. Zwar wäre Giusto, der erstgeborene Sohn Aurelios, durchaus eine Lösung gewesen; aber weder hatte er das Kapital, noch das Renommee, um dieselbe Stellung zu behaupten wie Cesare. Es zeigte sich, dass in der Foscari-Familie nicht eine Linie dominierte, sondern der Älteste und prestigeträchtigste Vertreter Anspruch erheben durfte. Das venezianische Botschafteramt lehnte Cesare zudem aus strategischen Gründen ab. Von diesem Zeitpunkt an sollte kein Foscari mehr die Interessen Venedigs vertreten. Cesare hatte zudem aus den Konflikten mit seinen Brüdern gelernt, sein Vermögen taktisch einzusetzen: seine Nichten Antea und Cecilia bedachte er mit Schenkungen und Geschenken, spendete Unsummen an den Klerus der Stadt und bedachte auch seinen Neffen Giusto großzügig. Ein großer Teil der barocken Kirchenausstattung wurde von Cesare gestiftet, der sich damit der Zuneigung seiner Verwandten und der Achtung der Stadt versicherte.

Obwohl mit Cesare der letzte wahre Kaufmann als Familienoberhaupt fungierte, so ist er zugleich einer derjenigen, der das Familienvermögen wie kaum ein zweiter nach ihm aufbrauchte. Mitverantwortlich war dabei ein Darlehen an die Republik, die seit dem 17. Jahrhundert unter der veränderten Wirtschaftslage litt und Kredit bei ihrer Kaufmannschaft annahm. Cesare wusste, dass er das Geld nie wieder zurückbekommen würde, doch ein Zusammenbruch des wirtschaftlichen Gefüges hätte ihn noch teurer zu stehen bekommen. Es war diese Aktion, die ihm und seinen Nachfahren endlich den ersehnten Stand des Nobile im Jahr 1646 einbrachte. Ab diesem Moment durfte sich die Familie offiziell „di Foscari e Dandolo“ nennen, ein Name, auf den die Angehörigen jedoch häufig nicht bestehen. Es war auch Cesare, der zum ersten Mal das Hermelin auf schwarzen Grund in das bisher weiße Feld des Foscari-Wappens einsetzen ließ, doch hatte sich diese Neuerung noch nicht ganz umgesetzt; in vielen Schriftstücken finden sich beide Wappen und Siegel.

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Giusto Foscari (1654-1658) trat als einziges Familienoberhaupt zurück

Auch Giusto Foscari, der Nachfolger Cesares, verwendete noch das alte Foscari-Dandolo-Wappen – aus dem einfachen Grund, weil der Nobile-Stand nicht für ihn galt. Seine Stellung als Oberhaupt war daher von Anfang an von einigen Problemen überschattet. Zwar bestand kein Zweifel daran, dass Giusto als ältestes und prestigeträchtigstes Mitglied der Familie den größten Anspruch hatte; aber er war nur ein Patrizio ohne Nobile, ohne Sohn und als Nuntius der päpstlichen Kurie verantwortlich, die ihn jederzeit woanders hinschicken mochte. Während die vorherigen Foscari um den Besitz der Ca‘ Foscari als Legitimationsmittel gestritten hatte, verzichtete Giusto auf den Familiensitz zugunsten Augustos. Es war ein unausgesprochenes Geheimnis, dass der Sohn Cesares der geeignetere Prätendent war. Aufgrund seiner kirchenpolitischen Verpflichtungen trat Giusto daher als einziges Familienoberhaupt von seinem Amt nach nur vier Jahren zurück.

Mit Augusto Foscari endet die Phase der Foscari-Dandolo endgültig. Aus dem kaufmännischen Patriziergeschlecht hatte sich eine Nobile-Familie entwickelt, die nun zunehmend auf Landbesitz achtete. Augusto hatte keine Ambitionen mehr, Oberster Verwalter der Markthalle zu werden, sondern konzentrierte sich als Senator auf eine politische Karriere. Er selbst führte schon seit circa 1650 nur noch den Namen „di Foscari“ und führte nach Übernahme des Titels eines „Capo di Ca‘“ ausschließlich das Wappen mit schwarzem Feld und Hermelin. Als erster Dogenberater aus seiner Familie setzte er ein deutliches Zeichen, dass die Foscari in der regierenden Oberschicht der Republik „angekommen“ waren.

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Augusto Foscari (1654-1658) nimmt bis 1650 den heutigen Namen und das heutige Wappen an; er gilt als letzter Foscari-Dandolo

Oberhäupter der Foscari-Dandolo:

Ottavio (bis 1610)
Aurelio (1610-1633)
Cesare „der Jüngere“ (1633-1653)
Giusto (1654-1658)
Augusto (1658-1681)

Weitere bedeutende Foscari:

Ascania Foscari, Nobildonna. Über die Verheiratung mit Barachiele di San Trovaso knüpften die Foscari eine strategische Allianz, die grundlegend für den politischen Aufstieg war. Die Bekleidung der Dogenberaterwürde 1659 und die des Dogenamtes 1693 hängen hiermit zusammen. Gabriele di San Trovaso, der Mitstreiter des Dogen Ermolao Foscari, war ein Kind aus dieser Vebrindung.

Antea Foscari, Oberin der Klarissen. Kam über ihre Cousine Cecilia an den palatinischen Klarissenkonvent und stieg dort in das höchste Amt auf. Sie galt vielen Bischöfen Palatinas im 17. Jahrhundert als Stütze und Ratgeberin. Zahlreiche Stiftungen und Schenkungen der Foscari an die Kirchen der Stadt stammen aus dieser Zeit.

Carlo Foscari, Händler. Um 1630 verschollen, Verbleib ungeklärt. Nachkommen sind keine bekannt. Sollte es sie geben, hätten sie keinen Anspruch auf den Rang eines Nobile.

Cecilia Foscari, Clarissin. Führte im Konvent von Palatina die lockeren Regeln der Urbanistinnen ein.

Faustino Foscari, Jesuit. Reiste nach China und blieb dort zwei Jahrzehnte Missionar; unter Anderem war er mit Adam Schall von Bell bekannt. Kehrte nach Palatina zurück und wurde später Prior des Kollegs. Schrieb Traktate über den Vergleich zwischen abendländischer und chinesischer Philosophie. Gilt als größter Gelehrter der Familie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Giusto Foscari, Priester. Fähiger Theologe und Dolmetscher. Trat mit 16 Jahren den Dominikanern bei. Machte anschließend in der römischen Kuriere Karriere und kehrte nach Palatina als päpstlicher Nuntius zurück. Galt einige Zeit als möglicher Nachfolger des Bischofs von Palatina, bevorzugte jedoch seine Stelle in der römischen Kurie.

Ottavia Foscari, Nobildonna. Das Schicksal Ottavias ist unbekannt. Ob sie ins Ausland verheiratet wurde oder in den geistlichen Stand trat, bleibt Spekulation.

Orlanda Foscari, Dekanin der Universität. Wurde von ihrem Vater Ottavio protegiert, der Rektor an der Universität war, weil sie dieselben Neigungen verfolgte wie er. Brillierte besonders auf dem Feld der Naturwissenschaften. Alchemie und Horoskope lehnte sie zugunsten neuerer Methoden ab, soll aber selbst am Stein der Weisen geforscht und über ihrer Arbeit gestorben sein.

Tiberia Foscari, Patrizia. Ehelichte Arturo di Salami und legte damit den Grundstein für die guten Beziehungen der Foscari nach Borghetto. Ihre Heirat war ursprünglich eine Strategie ihres Vaters, um die militärische Karriere vor Ort zu befördern.

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*Das Familienoberhaupt der Foscari trägt daher den Titel „Capo di Ca‘“, was sowohl „Herr des Hauses“ als auch „Herr der Ca‘ Foscari“ bedeuten kann.
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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Die Aufspaltung der Foscari

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Wappen der Foscari del Belcanal, der führenden Foscari-Linie bis 1743

Unter Augusto Foscari und Ermolao Foscari erreichte die Familie den Zenit ihres Einflusses in der Geschichte Palatinas. Vorher hatte die Familie ihres Reichtums wegen einen legendären Ruf; unter Augusto befand sich zum letzten Mal das gesamte Foscari-Vermögen in einer Hand. Doch Augustos strategische Vermählungen seiner Kinder festigte den Status als politischer Faktor, der auch von den alteingesessenen Familien anerkannt und unterstützt wurden. Mitte des 17. Jahrhunderts hatten die Zwölf Familien ihre Sonderrolle verloren und andere Nobili drängten in Führungsgremien. Schon Augustos Vater Cesare hatte eine strategisch wichtige Allianz eingefädelt, indem er einerseits eine Dell’Ulivo zur Frau nahm, andererseits seine einzige Tochter Ascania mit Barachiele di San Trovaso verheiratete. Aus dieser Ehe untersprang auch Gabriele di San Trovaso, der demnach ein Cousin von Augustos Kindern war und damit ein wertvoller Verbündeter. Neben den San Trovaso und den dell’Ulivo schmiedete Augusto weitere Bündnisse mit den Capuletti – Freunde und Verbündete der Foscari seit über einem Jahrhundert –, den Ricotta und den d’Alano. Er selbst nahm Eleonora aus dem Geschlecht der Semifreddo zur Frau. Über seine Cousine Antea, die Oberin der Klarissen, bestanden Verwandtschaftsverhältnisse und Kontakte zu den Braccioleone; über deren Schwester Tiberia unterhielt man ein gutes Verhältnis zum Adel Borghettos; bis zum Tode Giustos hatte er darüber hinaus guten Kontakt zur päpstlichen Kurie und danach zumindest noch begrenzte Einsicht über seine Cousine Cecilia, die noch seinen Sohn Ermolao über die Vorgänge in Rom unterrichten sollte. Sein Bruder Faustino Foscari war ihm ständige Stütze bei Beratungen und berichtete ihm über das Jesuitennetzwerk das Neueste aus der Welt.

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Das Diagramm zeigt die Aufspaltung der Foscari-Seitenlinien am Ende des 17. Jahrhunderts. Zum Vergrößern klicken.

Augusto verfügte demnach über ein veritables Netzwerk aus Beziehungen, Freundschaften und verbündeten, das ihn allein deswegen zum Dogenberater prädestinierte. 1659 erreichten die Foscari den Status einer „Famiglia Consigliare“, als Augusto zum Dogenberater aufstieg, und das Amt später sogar ein zweites Mal bekleidete. Die Chancen, selbst das Dogenamt zu erlangen, erschienen dazumal äußerst günstig, da Absetzungsanträge gegen Dogen zur Norm geworden waren und die Amtsträger nicht mehr bis zum Lebensende regierten. In der Zeit wechselnder Doganate sollte aber gerade Augusto als „ewiger Dogenberater“ eine größere Kontinuität in der palatinischen Politik sein als so manches Staatsoberhaupt. Offensichtlich wählte Augusto diese Option aus strategischen Gründen und wollte lieber als Graue Eminenz im Hintergrund agieren. Sein Bruder Faustino wies ihn darauf hin, dass die Macht der Jesuiten daraus bestand, dass der Papst sie brauchte; würden sie selbst Papst, bedeutete das eine ungewisse Zukunft.

Bereits zu Lebzeiten Augustos war klar, dass die Familie sich nach dessen Tod endgültig aufspalten würde. Seine Söhne hatten für diesen Fall Vorbereitungen getroffen und Hilfe des Vaters erhalten. Es war klar, dass der älteste Sohn Ermolao den Familiensitz, die Ca‘ Foscari, erben würde; Annibale würde das Landgut Sant‘ Ambrogio samt umliegender Güter erhalten; Leone hatte finanzielle Unterstützung erhalten, um den alten Sitz seines Großvaters Cesare zu einem eleganten Stadthaus auszubauen. Ulisse begnügte sich mit einem normalen Stadthaus. Die vier begründeten Dynastien waren folgende:

Foscari del Belcanal: Begründet von Ermolao Foscari. Familiensitz: Ca’Foscari.

Foscari di Sant’Ambrogio: Begründet von Annibale Foscari. Familiensitz: Landgut Sant’Ambrogio. Über seine beiden Söhne spaltet sich dieser Zweig erneut: Ambrogio Foscari führt di Foscari di Sant’Ambrogio fort, sein Bruder Agostino erbt den mütterlichen Besitz in Lancelotti und begründet den Zweig der Foscari di Borghetto (Familiensitz: Landgut Erba Bella).

Foscari del Leone: Begründet von Leone Foscari. Familiensitz: La Leonessa.

Foscari del Gufo: Begründet von Ulisse Foscari. Familiensitz: Pozzo Nuovo. Da Penelope im selben Haus lebte, zählt man auch sie traditionell zu diesem Zweig. Stirbt bereits in der ersten Generation aus.

Mit Augustos Testament wurde das sagenhafte Foscari-Vermögen aufgeteilt. Ermolao erhielt 30 Prozent, Annibale 25 Prozent, Leone 20 Prozent; 10 Prozent gingen an Ulisse, jeweils 5 Prozent an die Töchter Alessandra und Penelope; die letzten 5 Prozent schenkte Augusto wohltätigen Einrichtungen, vor allem der Kirche und den Orden (wobei er Klarissen und Jesuitenschule besonders bedachte). Aufgrund des Stammsitzes und der besseren Vermögenslage galten die Foscari del Belcanal als führender Zweig der Sippe, auch deswegen, weil Ermolao das Dogenamt errang. Trotz des vorzeitigen Todes ihres Familienoberhauptes sollten sie diese Stellung bis zum Erdbeben von 1743 bewahren.

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Ermolao Foscari, der Begründer der Foscari del Belcanal, war im Jahr 1693 für 13 Tage Doge.

Über das Schicksal des einzigen Dogen aus der Foscari-Familie wurde bereits woanders ausführlich berichtet. Dass Augusto so glänzend im Hintergrund herrschte, Ermolao dagegen alles in 13 Tagen verspielte, hat die Familienhistoriker lange beschäftigt. Neben charakterlichen Eigenschaften und anderen politischen Umständen wird mittlerweile verwiesen, dass ein großer Teild es Beraterstabes, den der Vater konsultieren konnte, dem Sohn nicht mehr zur Verfügung stand: zwischen 1689 und 1691 starben Cecilia, Antea und Faustino, von denen vor allem letzterer einen großen Einfluss auf die Entscheidungen des Familienoberhauptes hatte. In der Krisenzeit vom Übergang zwischen Zweiter und Dritter Republik sollte jedoch sein Sohn Christofero als entschiedener Verfechter des Senats und der Nobilität in Erscheinung treten. Seine Kinder führen die Dynastie – mit weiteren Seitenverzweigungen, die hier nicht näher behandelt werden – weiter fort.

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Leone Foscari begründete die Foscari del Leone, die ab der Mitte des 18. Jahrhunderts als einflussreichste Foscari-Sippe galten.

Christoferos Onkel Leone Foscari, Begründer der „Del Leone“, rückte nach dem Tod seines Bruders als bedeutendster Foscari in der Politik nach. Das hing nicht zuletzt damit zusammen, dass er das biblische Alter von 92 Jahren erreichte. Seine ganze Vita war vom Ringen der Nobilität mit dem Patriziat gekennzeichnet. Seine Frau Maria d’Alano war eine Schwester des späteren Dogen Columbano d’Alano, dessen Politik er mittrug; über seine Mutter Eleonora Semifreddo war er ein Enkel des Leone Semifreddo, dessen gleichnamiger Urenkel ebenfalls Doge werden sollte. Sein erstgeborener Sohn, der ebenfalls Leone hieß, gilt als einer der letzten fähigen Kapitäne der Marine Palatinas, der auf eigene Faust den Venezianern bei Korfu gegen die Türken half und dabei den Tod fand. Seine Tochter Samanta Foscari galt als vielbeachtete Ärztin und pflegte ihren Vater bis zu beider Tod im Erdbeben von 1743. Der Sohn Marcantonio Foscari führte die Linie fort.

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Im Gegensatz zu seinen Brüdern bevorzugte Annibale Foscari das Landleben und setzte damit einen Trend für zukünftige Generationen.

Im Gegensatz zu den Belcanal und den Leone zogen sich die Sant’Ambrogio früh aus Stadt und Politik zurück. Sie bewirtschafteten ihre Äcker und Haine. Um das Landgut Sant’Ambrogio hatte sich in den beiden Jahrhunderten seit seiner Gründung ein Ort von 100 Seelen gebildet, über den die Foscari als de-facto Herren herrschten. Annibale konzentrierte sich ganz auf das Landleben und seine kleine Welt. Seine Frau, eine gebürtige Salumieri, brachte den Hof ihrer Familie bei Lancelotti als Erbe in den besitz der Foscari. Während der Sohn Ambrogio die Ländereien im gleichnamigen Ort übernahm, fiel an den zweitgeborenen Agostino der Hof in Lancelotti. Auch diese Seitenlinien verzweigten sich, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie die Belcanal. Sie kehrten nie wieder in die Hauptstadt zurück.

Die Sant’Ambrogio setzten damit einen Trend, der ab 1743 auch für die übrigen Foscari zutraf. Mit dem großen Erdbeben, das die Città Antica langfristig in Trümmern legte und den Niedergang des Stadtteils begründete, verloren auch die übrigen Foscari zunehmend ihr Interesse am Stadtleben. Da die Dritte Republik überdies die Macht der Nobili erheblich beschnitt, erschien die politische Laufbahn weniger verheißungsvoll. Mit der Zerstörung der Ca’Foscari versank auch das gefühlte Zentrum der Familie, was die Spaltung symbolisch unterstrich; ab diesem Zeitpunkt verlieren sich auch manche illegitime Foscari aus den Augen. Im Folgenden wird daher nur noch die Geschichte der Foscari del Leone betrachtet, die zugleich die Vorfahren des Dogenberaters Marco Foscari sind.

Weitere bedeutende Foscari:

Agostina Foscari, Ehefrau des Bankiers Giovanni Garibaldi. Sicherte den Foscari del Leone die Kreditwürdigkeit nach den Verheerungen des Erdbebens von 1743, bei dem ihr Ehemann umkam.

Alessandra Foscari, Ehefrau des Dogenberaters Francesco Ricotta.

Giacomo Foscari, Philosoph. Mitbegründer der Akademie von San Paolo nachdem er sich mit seinem engstirnigen Onkel Ulisse überworfen hatte. Urheber einiger reformatorischer Gesetzeswerke, die nie in Kraft traten. Starb beim Zusammensturz der Ca‘ Foscari.

Giulia Foscari, Ehefrau eines unbekannten Nobile. Starb beim Zusammensturz der Ca‘ Foscari.

Leone Foscari, Kapitän. Einer der wenigen Foscari, der zur See fuhr. Setzte sich erfolglos für eine Stärkung der Marine ein. Nahm freiwillig am letzten Venezianischen Türkenkrieg teil, da Palatina sich nicht einmischen will. Starb bei der Belagerung von Korfu 1716.

Lucia Foscari, Ehefrau eines unbekannten Nobile. Starb beim Zusammensturz der Ca‘ Foscari.

Penelope Foscari, Mäzenin. Lebte unverheiratet mit ihrem Bruder Ulisse zusammen und setzte ihr Vermögen für Kunst und Wissenschaft ein. Starb hochverschuldet Haus ihres Bruders.

Samanta Foscari, Ärztin. Protegiert von ihrem Onkel Ulisse machte sie an der medizinischen Fakultät der Universität Karriere. Verzichtete demonstrativ auf die Bezeichnung Medica, da sie neue wissenschaftliche Standards setzen wollte. Neigte in ihren letzten Jahren der Akademie zu. Blieb unverheiratet und sorgte sich bis zuletzt um ihren Vater Leone, mit dem sie zusammen im Palazzo „La Leonessa“ starb.

Ulisse Foscari, Rektor. Einer der letzten bedeutenden Gelehrten der Universität Palatina und berühmt für mehrere Traktate, die bis heute zu den Standardwerken palatinischer Wissenschaft zählen. Gehörte zur konservativen Fraktion der Universität, deren liberale Opposition die Akademie bergündeten.
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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Re: Die Geschichte der Familie Foscari

Beitrag von Marco Foscari »

Die Foscari del Leone

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Wappen der Familie Foscari del Leone zu Palatina, dem wichtigsten Foscari-Zweig seit 1743

Die Nachkommen Leone Foscaris, die als Seitenzweig seinen Namen erhielten, sollten im 18. Jahrhundert den wichtigsten Foscari-Zweig stellen. Das verheerende Erdbeben von 1743 bedeutete für die Dynastie einen erheblichen Einschnitt. Nicht nur fielen viele Familienmitglieder ihm zum Opfer; es beschleunigte auch die Entwicklung der Foscari hin zu einer Familie der Landnobilität. Da das eigentliche Landgut der Familie bereits an die Seitenlinie Sant’Ambrogio gegangen war, hatten die Foscari zunächst keine Ambition, es anderen Nobili gleichzutun und aufs Land überzusiedeln. Die Wende brachte die Heirat Marcantonio Foscaris mit Letizia Pannacatto. Die Pannacotta waren ein uradeliges Rittergeschlecht aus der Umgebung Cannellonis und hatten in den vergangenen Jahrhunderten reichlich Landbesitz angehäuft. Letizia brachte dabei einen Gutshof als Mitgift in die Familie, der ganz in der Nähe von Cannelloni zum de facto Hauptsitz der Foscari del Leone avancierte.

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Das Diagramm zeigt die Foscari del Leone seit Leones Sohn Marcantonio. Die Nachkommen der mit Wappen gekennzeichneten Unterlinien sind nicht eingetragen. Zum Vergrößern klicken.

Bereits Ende der 1720er war Marcantonio mit der Familie aus dem Stadtpalast in die Mandrana übergesiedelt. Er war der letzte Foscari dieser Linie, der bis zur Reaktion von 1792 ein höheres Amt bekleidet hatte. Erfolglos wehrte er sich als Senator gegen die Entmachtung der Nobilität. Die Möglichkeit, über die Verheiratung mit dem einflussreichen Patriziergeschlecht Vitelli – eine Tochter Marcantonios ehelichte den Parlamentspräsidenten dieses Namens – doch noch Einfluss auf die Geschicke des Landes zu gewinnen, stellte sich als Trugschluss heraus. Der zweitgeborene Sohn Anselmo versuchte ein neuerliches Mal, den Namen der Foscari im Militär zu etablieren und scheiterte damit wie so viele andere davor, als er als Tenente der Artillerie bei Schießübungen von den eigenen Leuten erschossen wurde.

Als erfolgreichere Strategie stellte sich die Vernetzung der Foscari mit dem mandranischen Landadel heraus. Die Familie konnte über Mitgift weitere Güter erwerben und neue anlegen. Als besonders profitabel stellte sich die Verbindung mit dem Geschlecht der Passerotti heraus, den Baronen von Boscone und Belgrano, in das die Foscari einheirateten; Giancarlo Foscari begründete die Unterlinie der „Foscari del Leone di Croce“ und vergrößerte den Landbesitz bei Boscone. Der jüngste Bruder, Enrico, heiratete eine Della Cassata, ebenfalls aus einem alten mandranischen Rittergeschlecht, und vergrößerte einen kleinen Hof bei Belgrano zu einem echten Landgut.

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Marcantonio Foscari war der Nachfolger von Leone Foscari und der letzte Amtsträger der Dynastie bis zur Reaktion von 1792.

Bereits um 1740 hatte Marcantonio beschlossen, der Politik den Rücken zu kehren und nicht mehr in die Stadt zurückzukehren. Als ihn die Nachricht vom Erdbeben erreichte, das ihm Vater, Sohn, Tochter und Cousins geraubt hatte, sah er sich bestätigt, dass es keinen Grund gab, zurückzukehren. Zwar war der Stadtpalast im Vergleich zum Rest der Città Antica nicht sonderlich zerstört worden, aber der Niedergang der Altstadt auf dem Palatin, der Exodus der Nobilität und die beschauliche kleine Welt der Mandrana bekräftigten seinen Entschluss, dass die Foscari ihren neuen Platz gefunden hatten.

Sein Sohn Tiberio erbte einen gut ausgebauten Landbesitz und ein prächtiges Herrenhaus, das er zu Lebzeiten immer wieder vergrößern sollte. Tiberio war noch in Palatina geboren worden, sah aber seine Geburtsstadt nach 1730 nur noch sehr selten wieder. Er strebte keine politischen Ämter an und führte das Landleben eines Nobile, wie es zu diesen Zeiten bereits üblich war. Er kultivierte das Land, verwaltete die Ernte, vergrößerte den Ertrag, ließ Kanäle schlagen, Haine pflanzen, kaufte Tiere und legte Sümpfe trocken. Bälle, die Jagd und Ausflüge prägten seine Freizeit. Tiberio war so sehr dem Landleben zugetan, dass er nicht weniger als 15 Kinder in die Welt setzte. Das ist weitaus weniger außergewöhnlich, als man denken mag: schon vorher hatten Foscari-Oberhäupter mehrere illegitime Kinder gehabt, andererseits waren Säuglinge im Kindesalter gestorben. Aber Tiberios Nachkommen waren allesamt legitim, und alle von ihnen erreichten das Erwachsenenalter. Die Fortschritte des 18. Jahrhunderts erlaubten es, dass die Foscari mehr denn je zu einer Großfamilie wurden.

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Tiberio Foscari konzentrierte sich ganz auf das Landleben, die Erweiterung seiner Güter, und die Zeugung von 15 Kindern, die er mal mehr, mal weniger glücklich vermählte und mit Erbe ausstattete.

Tiberio ehelichte in erster Ehe Teodora Braccioleone. Es war eine Ehe, die sein Vater noch zu Palatiner Zeiten vereinbart hatte. Die Ehe war glücklich, aber kurz, da Teodora bei der Geburt des vierten Kindes verstarb. Danach wählte der Foscari Donatella Bianchinelli zur Frau, die aus niederem Patrizierstand war, allerdings liquide Mittel in die Kasse spülte, mit der Tiberio wichtige Erweiterungen der foscar’schen Güter vornehmen konnte. Das Verhältnis entsprach eher einer Vernunftehe. In dritter Ehe folgte Riccarda Beluva. Die Braut war zum Zeitpunkt der Heirat 27 Jahre jünger als der Bräutigam. Die focarische Fertilität zeigte sich so produktiv, dass der alte Gutsherr noch Kinder zeugte, nachdem seine eigenen Kinder bereits Vater oder Mutter geworden waren. Das führt bis heute zur absurden Konstellation, dass mancher Neffe eine Tante hat, die jünger ist als er selbst. Es geht zudem das böse Gerücht, dass mindestens ein Beluva-Kind ein Kuckuckskind sein soll; meistens trifft der Verdacht auf Enrico „il Cavallo“ Foscari, da dieser physiognomische Ähnlichkeiten mit dem Stallknecht der Familie aufweist. Andere halten dies jedoch auch nur für eine garstige Verleumdung, um den Familienfrieden der Dynastie zu stören.

Letzteres ist eine nicht ganz von der Hand zu weisende These. Denn die Foscari sind vielleicht nicht mehr die reichste Familie, dafür aber sicherlich die an Kontakten und Verbindung reichste Familie im palatinischen Süden. Der langsame Abstieg des Geschlechts zeigt sich zwar auch an mancher nicht standesgemäßer Heirat, aber im Großen und Ganzen konnten die Foscari im 18. Jahrhundert ihren Status nicht nur stabilisieren, sondern über die Agrarwirtschaft auch ihre Verluste kompensieren. Dabei kommt auch zugute, dass nahezu jede Unterlinie ihr eigenes Gut aufbauen konnte, manche auch mehrere. Obwohl die Foscari sich von der großen Bühne zurückgezogen hatten, legten sie so einen Grundstock für spätere Zeiten.

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Faustino Foscari war der älteste Sohn von Tiberio, erbte dessen Besitz und führte das Werk seines Vaters vorbildlich weiter - sieht man mal von der ungebremsten väterlichen Quasi-Mitose ab.

Da die Foscari politisch ausgebremst wurden, intensivierten sie den Kontakt zur Kirche. Die langen Verbindungen zu den Klarissen war bereits eine Familientradition, und es daher auch nicht verwunderlich, dass zwei Foscari-Töchter dem Konvent beitraten und eine heute sogar diesen als Oberin leitet; Appollonio Foscari schaffte es als Abt an die Spitze des Benediktinerklosters von Santa Giovanna, Augusto Foscari sollte sogar als Kurienbischof in Rom Karriere machen und eine jüngere Schwester später ebenfalls nach Rom berufen. Es waren diese Netzwerke, die später auch den Cavalieri di San Leone nützlich sein sollten.

Im Jahr 1785 verstarb Tiberio Foscari: vielgeliebter Vater, Schwiegervater, Großvater, Onkel, Großonkel und Cousin, ein Herr mit Ackerflächen soweit das Auge reichte und einem Ruf voller Großzügigkeit und Freundlichkeit, der in der gesamten Mandrana sprichwörtlich war. Sein Nachfolger wurde sein ältester Sohn Faustino Foscari – der Vater von Marco.

Oberhäupter der Foscari del Leone:

Leone Foscari (1681-1743)
Marcantonio Foscari (1743-1759)
Tiberio Foscari (1759-1785)
Faustino Foscari (1785-1791)

Weitere bedeutende Foscari:

Anselmo Foscari, Artillerieleutnant. Vielversprechender Offizier, der ein Talent bei der Berechnung von Geschosseinschlägen zeigte, allerdings selbst von einer Kanonenkugel erschossen wurde.

Augusto Foscari, Kurienbischof. Der erste Bischof der Familie. Augusto hatte gute Aussichten, in Palatina Bischof zu werden, zog aber eine Karriere am päpstlichen Hof vor.

Enrico Foscari, Gutsherr. Begründer der „Foscari del Leone del Giglio“, besitzt ein Landgut bei Belgrano.

Enrico Foscari, Gutsherr. Begründer der „Foscari del Leone di Cavallo“. Seine Frau Emilia Belpere hat das Belpere-Landgut in die Familie gebracht.

Ferdinando Foscari, Magister. Letzter großer Gelehrter der Familie. Prognostizierte das große Erdbeben von 1743, vertat sich aber um genau einen Tag und wurde zum Opfer der Zerstörungen. Gilt als erster Seismograph der palatinischen Geschichte.

Giancarlo Foscari, Gutsherr. Begründer der „Foscari del Leone di Croce“, besitzt ein Landgut bei Boscone.

Maria Foscari, Mutter Oberin. Oberhaupt der Klarissen von Palatina und womöglich eine der einflussreichsten Frauen der Republik.

Pietro Foscari, Gutsherr. Begründer der „Foscari del Leone del Carmine“. Verwaltet die Güter von Faustino Foscari im Namen von Marco, nachdem dieser nach Palatina zurückgezogen ist.

Romolo Foscari, Reeder. Der erste Foscari seit zwei Jahrhunderten, der sich wieder eher kaufmännischen Aspekten widmet und in Porto Vecchio Handelsgeschäfte und Schiffverkäufe wie Schiffeinkäufe tätigt, vor allem mit den Briten. Begründer der „Foscari del Leone della Barca“.

Tiziano Foscari, Botschafter in Paris. Begründer der „Foscari del Leone di Cino“. Begnadeter Diplomat mit reichhaltigem Erfahrungsschatz.
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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