Die Bäcker-Dynastie Albizzi

In diesem Bereich stehen alle Hintergrundinformationen zu den Charakteren und Institutionen, die mit ihnen zusammenhängen. Dabei stehen die Familiengeschichten seit dem Rinascimento im Vordergrund.
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Giuseppe Albizzi
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Beruf: Bäcker
Gesinnung: Konservativ

Die Bäcker-Dynastie Albizzi

Beitrag von Giuseppe Albizzi »

Die Bäcker-Dynastie Albizzi

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Aus dem Familienbuch der Albizzi-Sippe zu San Paolo, später Città Nuova
Wenn Untertanen Rebellen aus Grundsätzen sein wollen, so werden Herrscher aus Staatsklugheit Tyrannen sein. - Edmund Burke

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Giuseppe Albizzi
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Re: Die Bäcker-Dynastie Albizzi

Beitrag von Giuseppe Albizzi »

Von den Anfängen der Albizzi bis zum Aufstieg in das Patriziat

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Romantisierte Darstellung des "unbekannten Albizzi", der um 1430 Palatina erreichte.

Die Albizzi stammen von der gleichnamigen florentinischen Patrizierfamilie ab, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts von Cosimo de‘ Medici vertrieben wurde und von denen ein Nachfahre in den 1430ern Zuflucht in Palatina fand. Dieser eröffnete 1437 die Bäckerei „Panificio d’oro“ in der Contrade „Zwischen den Flüssen“ von San Paolo. Der Name des Ahnherrn der palatinischen Albizzi hat die Zeit verschlungen, die alte Bäckerei wurde 1654 ein Raub der Flammen; allerdings hat der Bäckermeister trotz des Stadtbrandes das von Leonardo Albizzi (+1556) begonnene Familienbuch retten können, sowie das einstige Aushängeschild mit der Jahreszahl. Die Albizzi haben nie Wert auf ihre florentinische Vergangenheit und das damalige Renommee gelegt, jedoch einen außerordentlichen Familienstolz bewahrt, der ein Hauptmotiv dafür ist, weshalb diese eingesessene Bäckerdynastie über ihre eigene Geschichte so hervorragend unterrichtet ist.*

Die Albizzi treten bereits ab dem 16. Jahrhundert prominent ins Licht der Palatiner Geschichtsschreibung. Der legendäre Palio-Reiter Giovanni Albizzi errang für San Paolo siebenmal den Sieg beim Palio, starb allerdings bereits mit 37 Jahren bei einem Unfall. Seine beiden Söhne Rinaldo (3 Siege) und Leonardo (4 Siege) beerbten ihn. Leonardo ist zudem der erste Albizzi, der auch als Zunftmeister der Bäcker nachgewiesen ist. Nach über hundert Jahren drohte die damals schon traditionsreiche Bäcker-Dynastie auszusterben, da Leonardos einziger Sohn an der Pest starb und seine Tochter Lidia mit fast 30 Jahren immer noch nicht geheiratet hatte. Dies war der eigentliche Anlass für Leonardo, seine letzten, von der überlebten Pesterkrankung gezeichneten Lebensjahre auf das Familienbuch zu verwenden, um wenigstens der Nachwelt ein Andenken zu hinterlassen. Vielleicht spekulierte Leonardo auch darauf, dass man über die verschiedenen Albizzi-Ahnen doch noch einen unbekannten Seitenzweig entdecken konnte, um das Geschäft weiterzugeben.

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Lidia Albizzi leitete den Familienbetrieb ab 1556 alleine.

Lidia Albizzi (*1533) führte die Palio-Tradition der Familie erfolgreich fort und bekleidete zum ersten Mal im Jahr 1560 das Meisteramt der Bäckerzunft. Den Fortbestand das Familienunternehmens sicherte sie auf Wegen, die bis heute nicht ganz geklärt sind. Laut dem Albizzi’schen Familienbuch heiratete Lidia nie, hatte aber einen illegitimen Sohn (*1571), der deswegen ebenfalls den Namen Albizzi trägt. Er trat in ihre Fußstapfen als Bäcker, weswegen Geschäft wie Name gesichert blieben. Die Albizzi blieben für ein weiteres halbes Jahrhundert die Palio-Familie San Paolos, Lidia soll mindestens fünfmal den Palio gewonnen haben. Über den Vater grassieren bis heute Spekulationen.

Eine Zäsur trat unter Lidias Enkel Leonardo Albizzi (1610-1655) ein. Leonardo** eröffnete 1641 die zweite Filiale der Albizzi in der Città Nuova, direkt an der Via Antica zwischen Messingbrücke und Marktplatz. Ihr Name lautete „Pan di San Leone“. Die Familie hatte mittlerweile genügend Geld angehäuft, um sich eine solche Expansion leisten zu können. Leonardo, der mehrmals das Amt des Zunftmeisters der Bäcker bekleidete, wurden Ambitionen auf den Patrizierstand nachgesagt. Ursprünglich hatte er vorgesehen, dass sein älterer Sohn Paolo (1626-1668) die Bäckerei in San Paolo übernehmen, sein jüngerer Sohn Piero (1629-1713) hingegen den neuen Betrieb in der Città Nuova führen sollte. Beide Läden sollten jedoch im Besitz des älteren Bruders bleiben, um dessen Chancen auf den gesellschaftlichen Aufstieg zu erhöhen.

Der große Stadtbrand von 1654 stellte jedoch ein jähes Ende von Leonardos Ambitionen dar. Die Albizzi-Bäckerei „Panificio d’oro“, die seit Generationen Stammbäckerei und Wohnsitz war, brannte komplett ab. Nur einige persönliche Gegenstände konnten gerettet werden – darunter waren die berühmte Schwarze Perle, das Familienbuch und die Delikatessenbücher mit Geheimrezepten. Angesichts der Katastrophe, welche die Familie um Jahrzehnte zurückwarf, soll Leonardo kurz darauf aus Gram gestorben sein. Eher aus Not denn aus Willen siedelten die Albizzi in die Bäckerei der Città Nuova um. Die beiden Brüder führten das Geschäft für einige Jahre zusammen, bis es aufgrund unüberbrückbarer Differenzen zum Streit und schließlich sogar Bruch kam. Paolo führte den Familienbetrieb fort, Piero ging dagegen auf die Waltz, um sein Bäckerhandwerk zu verbessern. Die Legende will es, dass sich die Geschwister über die richtige Zubereitung einer Süßspeise so zerstritten. Paolo soll Piero mit einem Backblech vermöbelt haben, Piero wiederum die Bäckereitüre ausgehebelt haben um sich damit zu verteidigen.

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Piero Albizzi leitete das Geschäft von 1669 bis 1700 und richtete das angeschlagene Geschäft wieder auf.

Erst 1669 kehrte Piero wieder nach Palatina zurück, da Paolo verstorben war und nur eine minderjährige Tochter hinterließ. Piero fand einen stabilen Betrieb vor, der die Schulden aus Leonardos Zeiten wenigstens teilweise abgetragen hatte. 30 Jahre voller Schweiß sollte es ihn kosten, damit die Albizzi wieder in San Paolo Fuß fassen konnten: Piero eröffnete 1700 eine neue Filiale. Im Gegensatz zu der ursprünglichen Bäckerei war diese jedoch nicht nur kleiner, sondern hatte am Paulusplatz auch einen anderen Standort. Nachdem er dieses Lebensziel erfüllt hatte, dass die Albizzi am Ende seines Lebens wieder den Rang errungen hatten, den sie am Anfang seines Lebens besessen hatte, setzte er sich zur Ruhe und übergab seinem ältesten Sohn Giuseppe die Geschäfte. Damit führte Piero die Tradition in der Familie ein, dass sich die Bäckermeister mit ihrem 61. Lebensjahr aus dem aktiven Arbeitsleben zurückzogen.

Piero ist außerdem dafür bekannt, dass er im Jahr seiner Rückkehr den Palio gewann; das ist auch deswegen bemerkenswert, weil er damals für San Paolo ritt, statt für die Città Nuova, in der er wohnhaft war. Danach ritten die Albizzi nur noch für die Città Nuova. Einige behaupten, es läge seitdem ein Fluch auf der Familie: mit dem „Verrat“ an San Paolo verloren die Albizzi auch ihr Reitglück. Pieros Palio war der letzte, den ein Albizzi gewann.

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Giuseppe, der den Familienbetrieb von 1700 bis 1731 leitete, legte die entscheidenden Grundsteine für das spätere Patriziat der Albizzi.

Giuseppe Albizzi*** (1672-1740) vergrößerte das Vermögen der Albizzi stetig und bekleidete auch mehrmals das Amt des Zunftmeisters. Über eine Tante, die sein Vater mit einem befreundeten Müller von Mulino verheiratete hatte, begannen engmaschige Kontakte zum Müllerkombinat. Giuseppe initiierte eine kontinuierliche „Mehlroute“ zwischen Mulino und Palatina mit selbst gekauften Booten, welche die beiden Bäckereien über Wasser belieferten. Zuletzt sollten die Albizzi sogar vor Ort eine eigene Wassermühle kaufen, sehr zum Missfallen des eingesessenen Kekskombinats. Die Idee, eine dritte Bäckerei zu eröffnen, konnte er nicht mehr verwirklichen, legte dafür aber die entscheidenden Weichen. Der steigende Einfluss und Reichtum der Albizzi wurde vom damals herrschenden Patriziat mit Wohlwollen beobachtet.

Einzig Giuseppes Pechsträhne beim Palio wirft ein getrübtes Licht auf die eigene Lebensleistung. Der Albizzi hatte den Ruf eines „ewigen Zweiten“, dem das letzte Quäntchen Glück fehlte, um als erstes sein Ross über die Ziellinie zu peitschen. Giuseppe galt als ausgezeichneter Reiter, den die dümmsten Zufälle am Sieg hinderten. Bei seinem letzten Palio drohte er wieder nur Zweiter zu werden – und verursachte deshalb absichtlich einen Unfall, um nicht wieder Ziel des Spotts zu werden.

Giuseppes jüngstes Kind, Francesca, ist zudem berühmt dafür, das letzte Hermelin Palatinas besessen zu haben. "Fridolin" verschwand unter bis heute ungeklärten Umständen im Jahr 1735.


_______________
*Historiker halten die Abstammung von den florentinischen Albizzi für eine blanke Erfindung des 18. Jahrhunderts; im Zuge der Erringung des Patriziats habe man diese Herkunftsgeschichte gesponnen, um sich wichtiger zu machen, als man war.

**Da Leonardo einer der Leitnamen der Albizzi-Sippe ist, wird er zur Unterscheidung auch als „Leonardo, der Hungrige“ bezeichnet. Ob mit dem Namen sein grenzenloser Ehrgeiz oder seine zerstörten Ambitionen illustriert werden sollten, oder gar seine prekäre Situation kurz vor seinem Tod, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

***Da die Dynastie zwei Familienoberhäupter dieses Namens kennt, hat sich der Spitzname „Giuseppe, der Zweite“ eingebürgert, wobei einige vermuten, dass dies eher auf die Palio-Niederlagen denn auf die Abstammung zurückzuführen ist.
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Von Antonio Albizzi bis heute

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Das Diagramm zeigt die Vorfahren der heutigen Albizzi. Zum Vergrößern klicken.

Mit Antonio Albizzi (1699-1773) betrat einer der bedeutendsten Vertreter des Geschlechts die historische Bühne. Als er 1733 die Geschäftsführung übernahm, befand sich das Familienunternehmen in einem denkbar guten Zustand: die Albizzi besaßen zwei Bäckereien in Palatina, eine Wassermühle in Mulino, einen Stall mit vier Rössern, drei Transportboote, zwei Lastenkutschen und zwei Wohnhäuser. Gemessen an späteren Einordnungen hätten sie bereits damals den Patrizierstand verdient, aber die rigideren Zensusgesetze ließen sie nur knapp unter der vorgegeben Schwelle des zu verdienenden Jahresvermögens scheitern; mit der Erbteilung nach Giuseppes Tod gingen zudem ein Wohnhaus, ein Boot, eine Kutsche mit zwei Pferden und ein großer Betrag an Barvermögen verloren, da Antonios Bruder Leonardo (genannt: der Fahrige) sich als Transportunternehmer unabhängig machte.

Antonios Jugend verlief nicht viel anders als die der anderen Albizzi. Er half im väterlichen Betrieb, erlernte das Handwerk und ritt beim Palio. Anders als die anderen Albizzi vor ihm gab er das Reiten jedoch schon früh auf. Es geht die Legende, dass Antonio sich früh auf das Geschäft konzentrieren wollte und von der Idee besessen war, Patrizio zu werden, den Palio dagegen für Zeitverschwendung hielt. Das große Rennen Palatinas fand bereits viermal jährlich statt und verlor aufgrund seiner rein touristischen Funktion zunehmend an Reiz. Andere behaupten, Antonio sei schlicht ein miserabler Reiter gewesen, der nur auf die letzten Plätze kam – wenn er denn überhaupt ankam. Er war der letzte Albizzi, der bei einem Palio antrat.

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Antonio Albizzi, bevor er Patrizier wurde, in seiner Backstube

Das große Erdbeben von 1743 überstanden die Albizzi außerordentlich glücklich. Obwohl auch der Norden der Città Nuova betroffen war, wo sich die Hauptfiliale der Familie befand, wurde diese auf wundersame Weise verschont. Für Antonio bot das Beben neue Handlungsmöglichkeiten, insbesondere, da die Città Antica in Schutt und Asche lag und damit auch die Läden von Konkurrenten, die bis dato stark mit der Nobilität verwoben gewesen waren. Die Albizzi, die stets auf Qualität statt Quantität gesetzt hatten, kauften ganz in der Nähe des Republikplatzes ein frei gewordenes Grundstück, dass nach der Katastrophe spottbillig zu haben war. Antonios Gegner machten sich über ihn lustig, er habe damit ein Reisfeld in einer Wüste gekauft, da die Kundschaft nach dem Erdbeben kaum vorhanden war.

Aber Antonio hatte einen Coup vorbereitet. Über seinen Schwiegervater Emilio Olivari, einem bedeutenden Wollweber, hatte er Kontakte zum Patriziat und damit in die höhere Politik. Er schloss einen exklusiven Liefervertrag für Gebäck, Törtchen und andere Leckereien mit der Signoria, die ihm ein sicheres und hohes Einkommen gewährleistete. Die neue Bäckerei auf dem Palatin galt daher als strategischer Brückenkopf. Antonio eröffnete die neue Filiale im Jahr 1749 und taufte sie auf den Namen „Andromache“. Zwei Jahre später erhob ihn der Doge Ambrogio di Borghetto in den ersehnten Stand des Patriziers. Aus repräsentativen Gründen fehlte nun nur noch ein ordentlicher Stammsitz. Den fand er im alten Kaufmannshaus eines Bankrotteurs, in dem er Stadtpalast und Hauptbäckerei ("Dolci del Doge") unterbrachte; die einstige Bäckerei in der Via Antica löste er auf. Heute befinden sich darin Mietwohnungen.

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Im Alter verhärtete Antonio - hier als Parlamentarier für die Artigiani - immer mehr.

Doch Antonio wollte mehr. Er wusste, dass das Patriziat in vielen Familien nur ein Zwischenstadium war. Sollte einer seiner Nachfolger nicht mehr das vorgegebene Mindesteinkommen veranschlagen, dann verlor die Familie schnell wieder, was sie vorher erworben hatte. Bereits über seine Ehefrau hatte er indirekten Zugang zu dieser Schicht; mit der Heirat seines Sohnes wollte er die erworbene Stellung abrunden. Ursprünglich hatte Antonio eine Ehe mit den Feinpellznähern Lucini anvisiert, von denen ein Familienmitglied ebenfalls den Patrizierstand erreicht hatte und im Parlament saß. In den 1760ern saß Antonio als Abgeordneter im Parlamento und gehörte den „Artigiani“ an, der Vorgängerpartei der konservativen Vittoriani. Insbesondere in seinen letzten Lebensjahren neigte Antonio jedoch zu Verbissenheit, Starrsinn und Geiz. Die lebenslange Aufopferung für das Familienunternehmen machte ihn zunehmend blind für alles, was nicht mit Geld zu tun hatte. Sein Charakter verhärtete so sehr, dass er sich wehrte, mit 61 Jahren die Leitung der Firma an Lorenzo zu übergeben. Selbst bei den Zunftwahlen wollte er den Meistersitz nicht räumen, überzeugt davon, dass ihm nur Stümper nachfolgen konnten.

Das führte zum offenen Konflikt mit Lorenzo, der ab 1760 selbst die Führung der Firma beanspruchte. Zum Eklat kam es, als Lorenzo statt einer Lucini die bekannte Geigerin Francesca aus der Instrumentbauerfamilie Violino heiratete. Antonio beklagte sich darüber, seine Autorität als Familienoberhaupt infrage zu stellen; Lorenzo hielt dagegen, dass er das Familienoberhaupt sei, und sein Vater so vom eigenen Ehrgeiz zerfressen, dass er mittlerweile in einer Parallelwelt lebte. Francesca stammte zwar aus einer angesehenen Handwerksfamilie, aber Antonio erachtete die Partie nur als zweite Wahl. Zuletzt drohte Antonio sogar seinen jüngeren Sohn Valentino zum Haupterben einzusetzen, wenn Lorenzo nicht spurte – worauf dieser kurz nach der Geburt seines ersten Sohnes Giuseppe nach Casazza übersiedelte, wo Francescas Familie mütterlicherseits wohnte.

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Ein Gemälde des jungen Lorenzo Albizzi.

Lorenzo lebte mit Frau und Sohn vier Jahre lang am Anima-See und betrieb dort seine eigene kleine Bäckerei, direkt an der Promenade von Casazza. Das Startkapital hatte er sich bei seinem Vater vor der Abfahrt „geborgt“. Die begrenzten Mittel in den ersten Ehejahren standen im Gegensatz zum Wohlstand der Bäckerdynastie daheim, doch Lorenzo zog seine Autonomie der Versuchung vor, wieder nach Palatina zurückzukehren. Erst 1767 kam es zur Aussöhnung von Vater und Sohn, nachdem Antonio an einem Lungenleiden erkrankt war, sein Abgeordnetenamt verloren und Valentino sich als unbegabter Nachfolger herausgestellt hatte. Nach kurzem Zögern trat Lorenzo im selben Jahr die Nachfolge seines Vaters an, und erlangte den Patrizierstatus. Für seinen Vater ließ er einen Alterssitz an der Küste bauen, weil ihm die Ärzte frische Meerluft zur Heilung verschrieben. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Antonio versöhnt mit der Welt am Strand von Corno Torro. Seinem jüngeren Bruder Valentino überließ Lorenzo dagegen die Bäckerei in Casazza.

In seiner Zeit als Geschäftsführer konzentrierte sich Lorenzo auf die weitere Stabilisierung der Firma. Er verwaltete statt zu expandieren. Eine politische Karriere, wie sie sein Vater eingeschlagen hatte, verfolgte er nicht, obwohl er der konservativen Partei Sympathie entgegenbrachte und wohl auch Geldgeschenke zusteckte. Die Albizzi waren nunmehr die wichtigste Bäckerfamilie Palatinas und aufgrund ihrer Verzweigungen in Casazza und Mulino auch republikweit bekannt, aber Lorenzo mied das Rampenlicht und legte mehr Wert auf das Familienleben. Er erneuerte den Liefervertrag mit der Signoria, wechselte jedoch den Kornanbieter für die Mulineser Mühle: sein neuer Partner war Tiberio Foscari, der Großvater seines späteren Schwiegersohns Marco Foscari. Mit 61 Jahren übergab er seinem erstgeborenen Sohn Giuseppe die Geschäftsleitung und zog sich als Cittadino ins Privatleben zurück, bleibt jedoch immer noch Ansprechpartner und Ratgeber seiner Kinder. Sein Sohn führt das Unternehmen seit 1790 weiter.
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