Die Casa Nostra

Hier stehen alle wichtigen Informationen zu Kultur, Administration, Geschichte, Natur, Militär und Wirtschaft Palatinas im ausgehenden 18. Jahrhundert.
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Luciano Lupini
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Die Casa Nostra

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Die Casa Nostra

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Überblick

Die Casa Nostra („Unser Haus“) ist eine von zwei großen, mafiaähnlichen Banden, die in San Pietro Fuß gefasst hat und insbesondere die Contrade Santa Trinità unter ihre Kontrolle gebracht hat. Sie nennt sich auch La Bella Società („Die Schöne Gesellschaft“). Ihre Gegenspielerin ist die Sodoma.

Die Bande beherrscht traditionell die Inseln Cinzia und Trinità Nuova, sowie den südlichen Teil von Trinità (Vecchia). Sie lebt von Waffen- und Zuckerschmuggel, Schutzgeldern, Erpressung, Tavernen- und Bordellbetrieb sowie Diebstahl und Auftragsmorden. Ihre Position erkämpfte sie sich im Laufe des 18. Jahrhunderts gegen die staatliche Gewalt und andere rivalisierende Familien, führte ihre Ursprünge aber auf weit ältere Wurzeln zurück.

Die Casa Nostra besteht aus 6 Clans, die nicht durchgängig aus Blutsbanden bestehen, aber sich dennoch als „Familien“ bezeichnen. Die sechs Paten (Padrini) bilden als Anführer einen Rat, das Evangelium (Vangelo). Über diesem steht der „Capo dei padrini“, der eigentliche Boss der Organisation. Die Bande ist eher horizontal aufgebaut, heißt, die Clans haben viele Freiheiten und der Capo wird jährlich gewählt. Der große Einfluss des Lupini-Clans, der die Insel Cinzia komplett in seiner Hand hat, hat jedoch dazu geführt, dass die Familie Lupini ihre Stellung über Jahre wahren konnte.

Die Casa Nostra ist dafür bekannt, über eigene Rituale und Ränge, sowie einen Kodex und eine eigene Mafiageschichte zu verfügen. Als eigentliche Machthaberin in Santa Trinità – und darüber hinaus – ist sie für Militär, Regierung und auch die Anwohner Herausforderung und Chance zugleich. Es soll schon Beamte gegeben haben, die lieber mit ihr zusammengearbeitet haben, statt sich mit ihr anzulegen – da es der einfachere und gangbare Weg ist.

„Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?“ - Augustinus von Hippo

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Luciano Lupini
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Re: Die Casa Nostra

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Geschichte

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Die Ursprünge der Casa Nostra liegen im Dunkeln. Gemäß eigener Darstellung geht sie aus einem Geheimbund hervor, der schon im Mittelalter in Palatina ansässig gewesen sein soll und von einem Heiligen – dessen Identität Nichtmitgliedern gegenüber geheim gehalten wird – ins Leben gerufen wurde. Der Kodex der Casa Nostra und die Institution des Vangelo als Versammlung der Clan-Führer sollen direkt auf dieses geheimnisvolle Gremium zurückgehen.

Mit Sicherheit kann festgestellt werden, dass etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts die Situation in San Pietro sich so verschlimmert hatte, dass sich das organisierte Verbrechen in einer bis dato unbekannten Weise ausgebreitet hatte. Die anarchischen Zustände in der Politik lenkten Kräfte und Augenmerk auf andere Schauplätze. Der damalige Schwerpunkt konzentrierte sich noch auf den Schemen. Die Krise des Zunftsystems uns insbesondere der Diebes- und Meuchelmörderzunft führten zu Entwicklungen, die bisher niemand erahnt hatte.

Mit dem Verlust des Lizenzmonopols auf Diebstahl und Mord – immer mehr Kriminelle handelten ohne Erlaubnis, die Kontrolle funktionierten nicht mehr wie in früheren Zeiten – versanken beide Zünfte in der Bedeutungslosigkeit. Die Meuchelmörderzunft löste sich bereits um 1700 auf. Es gibt einige Theorien, die darauf hindeuten, dass sich ehemalige Meuchelmörder den bewaffneten Banden anschlossen und als Auftragskiller ein besseres Auskommen suchten. Dies könnte auch eine Erklärung für die Rituale und Regeln der Casa Nostra sein.

Erste Rückschläge hatten die Banden im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts zu verzeichnen, als San Pietro durch den Bau der Zitadelle eine starke Veränderung erfuhr. Die Schemen lagen in der Nachbarschaft und wurde zur Anlaufstation von Soldaten – zuerst im Nachtleben, später auch als Wohnort für deren Familien. Die gefürchteten Schemen wandelten sich zu einem gewöhnlichen Viertel, teils durch militärische Kontrolle, teils durch den Zustrom neuer Einwohner.

Die kriminellen Elemente verlegten sich daraufhin Richtung Süden in die Contrade Santa Trinità. Im Jahr 1743 finden sich erste Belege, dass die Regierung die Bandenkriminalität in Santa Trinità als „nahezu unbeherrschbar“ einstufte und Wächter oder Soldaten aus der Contrade vertrieben worden seien. Das Gesindel habe dabei skandiert, es handele sich um „ihr Haus“. Damit findet sich der Name zum ersten Mal in den Akten der Signoria.

Unter dem Begriff der „Casa Nostra“ hatten sich eine ganze Reihe von Clans zusammengefunden, die nicht immer durch Blut verbunden waren, aber gegenseitig Schutzfunktionen ausübten und insbesondere die Contrade Santa Trinità in eigene Parzellen und Gebiete einteilte, wie man es sonst nur von Feudalfürsten kannte. Ein bestimmendes Element war dabei wohl auch die schlechte Erinnerung an die „Vertreibung“ aus den Schemen, weshalb man sich auch als Verteidigungsbündnis von Vertriebenen verstand, die sich nicht neuerlich der Staatsautorität beugen wollten.

Der Mythos dieser starken Vereinigung „gegen den Staat“ wurde von den Clanoberhäuptern rücksichtslos instrumentalisiert, um sie zur Sicherung der eigenen Macht zu gebrauchen. Mit dem Wegfall der Wache baute die Casa Nostra ein eigenes Schutzsystem auf, das nach Haushalten zu begleichen war und nicht nur gegen Übergriffe von Fremden, sondern auch die eigenen Kräfte der Organisation schützte. Neben Schutzgeldern, Erpressungen, Tavernen- und Bordellbetrieb stieg die Casa Nostra sehr früh in den Waffenhandel ein, indem sie eigene Leute in die Waffenmanufaktur und untere Militärränge schleuste, um sich selbst zu bewaffnen und Waren ins Ausland zu schmuggeln.

Die Casa Nostra entwickelte sich im Laufe der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer der drei mächtigsten Banden von Santa Trinità. Den Aufstieg hemmte allerdings ein bald tobender Mafiakrieg zwischen den Banden. Im ersten Mafiakrieg (1779-1783) stieg die Sodoma zu einer gleichwertigen Macht auf, als sie im Zusammengehen mit der Casa Nostra sich gegen die dominierende Sacra Catena durchsetzte. Für einige Jahre herrschte ein Gleichgewicht zwischen den drei Banden. Insbesondere in den 1780ern expandierten diese auch außerhalb der Contrade, um das fragile Gleichgewicht nicht aufs Spiel zu setzen.

Im zweiten Mafiakrieg (1788-1791), dem bis dahin blutigsten Konflikt, wurde die Sacra Catena nahezu ausgelöscht und deren ehemaliges Territorium aufgeteilt. Anders als im ersten Konflikt waren die Casa Nostra und die Sodoma nicht verbündet, sondern hatten sich gegenseitig bekriegt. Beide Banden einigten sich auf ein neutrales Territorium in der Mitte der Contrade, um den Zugang zu Kirche und Campo für alle offen zu halten und Frauen und Kinder nicht in Gefahr zu bringen.

In den Folgejahren vergrößerte die Casa Nostra nicht nur ihr Standbein außerhalb der Contrade. Sie nahm ehemalige Mitglieder der untergegangenen Sacra Catena auf und machte sich insbesondere im Zuckerschmuggel einen Namen. In der Waffenmanufaktur warb sie nicht nur unter den Arbeitern um eine Mitgliedschaft, sondern korrumpierte auch Schaltstellen der Produktion. Dennoch war es die Sodoma, die immer mehr die Führung innerhalb Santa Trinitàs übernahm. Aus diesen Gründen sah sich die Bande dazu gezwungen, einen dritten Mafiakrieg vom Zaun zu brechen (seit Ende 1795).
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Luciano Lupini
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Beitrag von Luciano Lupini »

Familienstruktur

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Wappen der Famija Lupini

Das Rückgrat der Casa Nostra sind die 6 Clans, die sich Familien nennen, und von einem Paten (Padrino) angeführt werden. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bestand die Casa Nostra noch aus 4 Familien, mit der Expansion sowie der Übernahme einer Familie aus der ausgelöschten Sacra Catena wuchs die Zahl jedoch an, während andere Familien an Bedeutung verloren und sich anderen anschlossen.

Anders als der Begriff Familie (Famija) andeutet besteht dieser nicht aus reinen Blutsbanden. Zwar werden die obersten Positionen tatsächlich unter Verwandten verteilt, die Zugehörigkeit auf den unteren Ebenen, besonders unter den Soci, hat aber eher den Charakter einer Mitgliedschaft. Hier ist ein Initiationsritual relevanter als das Blut. Da in der Heirarchie jedoch auch Beziehungen zählen, führen – von Ausnahmen abgesehen – die alteingesessenen Dynastien immer noch den nach ihnen benannten Clan.

Die 6 Familien haben die von der Casa Nostra beherrschten Teile Santa Trinitàs so aufgeteilt, dass es nicht zu Konflikten kommt. Das war historisch nicht immer so. Nicht nur zwischen den Banden, sondern auch intern gab es früher Fehden zwischen den Familien. Das Ausgreifen der „Schönen Gesellschaft“ in Straßen und Blöcke, die früher anderen Banden gehörten, haben die internen Querelen jedoch entschärft. Über Heiraten, Taufpatenschaften und Geschenke werden Allianzen zwischen den verschiedenen Clans gepflegt. Das Gebiet der Familien kann dabei nur wenige Häuserzeilen bis hin zu ganzen Straßenzügen fassen.

Die mächtigste Familie stellen derzeit die Lupini dar. Es handelt sich um eine alte Familie, die ihre Ursprünge in den Schemen hat und auf die Insel Cinzia auswich. Sie hat ihre Ursprünge in einer ehemaligen Diebesfamilie. Sie nutzte frühzeitig ihre Nähe zur Manufaktur aus, um den Waffenhandel für sich nutzbar zu machen. In den ersten Jahrzehnten ging sie dabei auch gegen andere Familien innerhalb der Casa Nostra vor, war aber aufgrund ihrer Waffenlieferungen stets überlegen. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts eroberte sie die gesamte Insel für den Clan, den sie als Privatbesitz kontrolliert.

Die 6 Padrini der Gesellschaft bilden einen Rat, der sich Vangelo (Evangelium) nennt und damit die Interessen aller Familien abbildet. Der Vangelo wählt jährlich den Capo dei Padrini, den Boss der Bande. Früher gehörte es zur Norm, dass der Capo aus der schwächsten Familie stammte, damit ihn die anderen Padrini unter Kontrolle halten konnten. Seitdem die Kriege mit der Sodoma zugenommen haben, hat sich die Position der Familie Lupini verstärkt, da sie besser als andere einen realistischen Schutz bieten konnte. Die jährliche Wahl sollte nicht als reine Formalität missverstanden werden: die Padrini sind sich ihrer eigenen Macht bewusst und dulden keinen Misserfolg. Die meisten Capi sterben jedoch im Amt (ob nun auf natürlichem oder unnatürlichem Weg ist ein anderes Thema). Dem Capo stehen zwei Vertreter zur Seite, die ihn beraten, stützen und den Kontakt zu den Padrini halten. Sie nennen sich Saggi (Weise) und entstammen meistens nicht demselben Clan wie der Capo. Auf der Familienebene sind die Saggi dagegen häufig nahe Verwandte (etwa Vater oder Onkel).

Die Casa Nostra sollte daher nicht als monolithischer Block verstanden werden. Sie ähnelt eher einer Konföderation, deren Vorsitzender in einem Allianzverhältnis mit anderen Häusern steht und von diesen Menschen und Material zugewiesen bekommt. Obwohl der Capo eine fast absolutistische Macht hat, wenn es um die Macht außerhalb der Familien geht, so sind es doch die Clans, die darüber bestimmen, wer ihnen beitritt und damit der gesamten Casa Nostra. Sie sind es zudem, die direkt die Straßen und Plätze kontrollieren und diese auch bei Angriffen in Eigenregie verteidigen.
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Aufbau der Casa Nostra


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Capo dei Padrini (Boss der Paten). Das Oberhaupt der Casa Nostra, der den sechs Familienoberhäuptern vorsteht und die Organisation als Ganzes leitet. Er kann nicht in die internen Angelegenheiten der anderen Familien eingreifen, ansonsten ist sein Wort Gesetz. Der Vangelo wählt jährlich einen Capo bzw. bestätigt diesen.

Saggio (Weiser). Der Saggio (Mehrzahl: Saggi) kommt auf der Ebene der Familien und der Casa Nostra als Ganzes vor. Es handelt sich häufig um ein älteres, erfahrenes Familienmitglied, das dem Padrino bzw. Capo als Berater zur Seite steht und hohes Ansehen und Prestige genießt. Auf der Ebene des Capo fungieren sie zudem als Kontrollmechanismus, um die Interessen der anderen Familien zu wahren. Häufig übernehmen sie auch die Funktion von Kämmerern. Anders als ein Sottopadrino dürfen sie nicht als Stellvertreter des Padrino oder gar des Capo fungieren. Die Saggi des Capo wählt der Vangelo jährlich, auf Familienebene werden sie von den Scepoli gewählt.

Vangelo (Evangelium). Der Vangelo ist der Rat aus den sechs Familienoberhäuptern. Die Padrini treffen sich dabei nicht regelmäßig, sondern je nach Lage und Möglichkeit. Die wichtigste Aufgabe des Vangelo ist die Wahl des Capo. Obwohl man umgangssprachlich von einem „Rat“ spricht, ist der Vangelo eher eine Versammlung der Padrini, um sich gegenseitig abzustimmen oder dem Capo ihre Anliegen mitzuteilen. Der Capo holt im Vangelo häufig den Konsens anderer Padrini ein, der Vangelo ist aber nicht dafür bekannt, weitreichende Entscheidungen im Namen der Casa Nostra zu treffen. Es gibt neben der Wahl nur zwei andere Instanzen, in welcher der Vangelo Macht besitzt: einerseits bei der Ausrufung eines Bandenkrieges, andererseits bei der Ächtung oder Aufnahme einer Familie.

Padrino (Pate). Der Padrino (Mehrzahl: Padrini) ist das Oberhaupt einer Familie. Er hat innerhalb seines Clans nahezu absolute Macht. Er sitzt bei der Aufnahme neuer Mitglieder vor, erteilt Aufträge und legt alle wichtigen Entscheidungen fest. Er hat große Freiheiten bei Gestaltung und Ausbau seines „Geschäftes“, so er nicht gegen Absprachen verstößt, die er mit anderen Padrini oder dem Capo getroffen hat. Er ernennt die drei Scepoli und den Sottopadrino. Gewählt wird er von den einflussreichsten Colitì und Scepoli, die sich „an der Front“ hervortun.

Sottopadrino (Unterpate). Er ist die ausführende Hand des Padrino und häufig ein naher Verwandter, wie etwa ein Bruder, Sohn oder Neffe. Er ist der Stellvertreter des Padrino und übernimmt dessen Funktionen bei Krankheit oder Tod.

Scepolo (von Discepolo, Jünger). Der Scepolo (Mehrzahl: Scepoli) ist der Vorsteher einer Gruppe von Männern, die Aufträge für die Familie erledigen. Diese Gruppe nennt sich Decina (Zehnerschaft), sie muss aber nicht immer aus zehn Leuten bestehen. Kleinere Clans haben neigen zu Fünfergruppen, größere Clans kennen Scepoli, die bis zu zwanzig Männer kommandieren. Die Scepoli werden vom Padrino benannt. Üblicherweise haben die Familien der Casa Nostra drei Scepoli.

Colitò (Ursprung unklar, vermutlich von Accolito, „Gefolgsmann“). Das gemeine Fußvolk der Casa Nostra. Im Gegensatz zu Soci werden Colitì jedoch als respektierte Vollmitglieder wahrgenommen, denen man nicht krumm kommen sollte. Sie gehören Gruppen an, die sich Decina (Zehnerschaft) nennen und von fünf bis zwanzig Männern reichen können. Sie sind letztlich die Männer, die die harte Drecksarbeit erledigen. Colitì betätigen sich als Erpresser, Diebe oder Mörder. Aufgrund der Vielfalt an Aufträgen ist Colitò nicht gleich Colitò und es gibt deutliche Abstufungen an Pretsige – ein erfolgreicher Auftragsmörder hat ein größeres Renommee und Gewicht bei der Wahl zum Padrino, während Botengänger und Gewichtsfälscher eher geduldet denn respektiert werden.

Socio (Gefährte). Ein Socio (Mehrzahl: Soci) ist kein vollwertiges Mitglied der Schönen Gesellschaft, da er nicht initiiert und nicht in die Geheimnisse eingeweiht wurde. Die Soci stellen die größte Gruppe der Casa Nostra: einfache Leute wie Arbeiter, Krämer oder Lieferanten, die in einem Bezirk leben, der unter der Kontrolle einer Familie steht, und mit der man sich gut stellen möchte. Soci zahlen ein vermindertes Schutzgeld und erhalten „Gefallen“ vonseiten der Gesellschaft im Gegenzug für andere „Gefallen“. So sind einige korrumpierte Manufakturmitarbeiter Soci der Casa Nostra und unterschlagen Waffenlieferungen, die sie an die Sozietät weiterleiten. Soci können nach einigen Prüfungen zu Colitì aufsteigen, doch viele sind mit ihrer Zwitterstellung zufrieden – sie profitieren von den Familien und werden zugleich nicht in die blutigeren und gefährlichen Arbeiten verwickelt.

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Re: Die Casa Nostra

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Selbstverständnis und Rituale


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Die Casa Nostra definiert sich selbst nicht als kriminelle Organisation, sondern als Geheimgesellschaft. Sie versteht Santa Trinità – und in erweitertem Sinne San Pietro – als „ihre“ Heimat, im buchstäblichen Sinne: als ihr Haus. Sie regiert über lokale Potentaten, über Leute, die jeder kennt und jeder um einen Gefallen fragen kann, und dafür im Gegenzug einen Gefallen verlangt. Der Staat oder andere Banden werden im besten Fall als Mitbewerber, im schlechtesten Fall als Störenfriede verstanden, die sich aus privaten Angelegenheiten heraushalten sollen.

Ein wichtiger Baustein der Legitimität der Casa Nostra in Santa Trinità war daher immer das Versprechen, ihren Mitgliedern und Assoziierten Schutz gegen Übergriffe zu versprechen. Insofern ist die Casa Nostra eine pervertierte Zunft, die gewisse Dienste und Arbeiten für sich monopolisiert und diejenigen, die nicht zu ihr gehören, aus dem Markt ausschließen will – wobei die Hand schnell an Messer und Pistole sitzt. Einer der Grundsätze der Casa Nostra ist, dass die Clans sich nicht gegenseitig bekriegen, bestehlen oder verheirateten Frauen einer anderen Familie nachschauen. Ein Angriff auf einen Angehörigen einer Familie wird immer als Angriff auf die gesamte Gesellschaft verstanden.

In derselben Art und Weise schweigen sich die Bandenmitglieder über Komplizen aus. Außerhalb der Casa Nostra sprechen sie nie über interne Angelegenheiten – selbst wenn sie gefangen genommen und gefoltert werden. Die Casa Nostra hält als Faustpfand nicht nur Familienangehörige in der Hand, sondern wird beim Bruch der Silenza (das Konzept des Schweigens) verfolgt und getötet.

Trotz ihrer brutalen Methoden, ihrer kriminellen Machenschaften und des Terrors, den sie bei ihren Gegnern erzeugt, bezieht die Casa Nostra ihre Stärke aus dem paradoxen Versprechen, dass sie Sicherheit bietet. Das gilt nicht nur für Übergriffe auf Leib und Leben. Die Gesellschaft sorgt für alte und verletzte Mitglieder, sucht Arbeit und Stellen für jüngere und bietet eine gefährliche, jedoch profitable Karriere an. Einwohner, die sich der Casa Nostra anschließen, tun das nicht vorrangig aus materiellen Überzeugungen. Ein Clanangehöriger, der der Organisation als junger Mann beitrat und es bis zum Sottopadrino brachte, sollte später sagen: „Vor der Schönen Gesellschaft war ich ein Niemand. Danach senkte man den Kopf, wenn ich durch die Straße ging. Das war jeden Preis wert.“

Aus diesen Gründen zelebriert die Gesellschaft sich selbst durch einen eigenen Jargon, eigene Zeichen und eigene Symbole. Es handelt sich um identitätsstiftende Praktiken, die die Zugehörigkeit der Mitglieder zu Familien und Gesellschaft unterstreichen. Zu den bekanntesten Ritualen gehört der Initiationsritus, der nur innerhalb der Casa Nostra bekannt ist. Soci, die sich bewährt haben, und deren Mut und Verlässlichkeit durch Aufgaben und Prüfungen bestätigt wurde, können in die Gesellschaft als Colitò eingeführt werden, wenn zwei andere Colitì sich für sie einsetzen und bezeugen, dass er weder mit Behörden zusammenarbeitet noch mit Beamten oder Soldaten verwandt ist. Über die Aufnahme entscheidet zuletzt der Padrino einer Familie, in die der Neue aufgenommen werden möchte und den Aufnahmeritus anleitet.

Üblicherweise werden neue Colitì zu einem Bankett in den Familiensitz eingeladen. Auf einem Tisch muss er auf einen Dolch, eine Pistole und ein Heiligenbild schwören. Die Schwurformel leitet sich aus dem Kodex der Casa Nostra ab, der danach als Leitlinie des Gesellschaftslebens gilt. Der Padrino nimmt die Schwurformel ab, nimmt den Dolch, und schneidet den Neuzugang (die Körperpartie unterscheidet sich unter den Familien, meistens handelt es sich um den Daumen, bei den Lupini ist es aber beispielsweise die Unterlippe). Der Padrino tunkt das Heiligenbild danach in das Blut des Aufgenommenen und verbrennt es anschließend vor den Augen aller Beteiligten. Die Familien stimmen darin überein, dass dieses Ritual die komplette Hingabe des neuen Colitò an den Clan demonstriert. Bei Verrat soll der neue compa’re „brennen wie der Heilige“, zugleich soll der Vorgang betonen, dass sein altes Leben null und nichtig ist. Der Padrino entscheidet dann über einen Spitznamen. Das Ritual endet mit einem gemeinsamen Mahl, bei dem das neue Familienmitglied einen Schluck aus dem Kelch des Padrino trinken darf.

In den folgenden Wochen wird der neue Colitò umfangreich in die Geschichte, Regeln und Rituale der Gesellschaft eingeführt. Zum Kodex der Casa Nostra gehört auch eine Einhaltung der „Sitten“. Trunksucht, sexuelle Freizügigkeit (Homosexualität inbegriffen), Zuckerabhängigkeit oder Geschwätzigkeit disqualifizieren jeden compa’re und schließen ihn von höheren Rängen aus. Gefühlsschwankungen und Ungehorsam gelten ebenfalls als Ausdruck eines Mannes, der sich nicht unter Kontrolle hat.

Den Familien dürfen nur Männer beitreten. Auch Blutsverwandte innerhalb der Familien müssen das Initiationsritual bestehen, bevor sie vollen Zugang zu allen Bereichen des Gesellschaftslebens erhalten, die Anforderungen sind jedoch deutlich geringer als bei externen Zugängen. In diesem Zusammenhang sind auch weibliche, nahe Verwandte zugelassen. So gab es in einigen Familien die eine oder andere „Saggia“, die als Schwester, Mutter, Tante oder Großmutter dem Padrino zur Seite standen.

Die Casa Nostra kennt darüber hinaus eigene Wörter in Zeichensprache, um sich stumm zu unterhalten. Bewährte Colitì lassen sich darüber hinaus Tätowierungen stechen, die auf Gefängnisausbrüche, erfolgreiche Tötungen oder ihre Loyalität zu einer bestimmten Familie hinweisen, für Außenstehende aber kaum zu deuten sind.
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Luciano Lupini
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Re: Die Casa Nostra

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Anreden und Jargon

Die geläufigste Anrede unter den Mitgliedern der Gesellschaft ist compa’re (von compadre: Kumpel). Sie gilt als Anrede gleichrangiger Mitglieder untereinander, wobei „Gleichrangigkeit“ für alle Ränge unter dem Padrino gilt. So sprechen auch Colitì und Scepoli den Sottopadrino als compa’re an und andersherum. Die Saggi werden als Saggio angesprochen, während der Saggio selbst die unter ihm stehenden Mitglieder ebenfalls mit compa’re anspricht.

Die Anrede als Don ist den Padrini und dem Capo vorbehalten. Die Padrini nennen sich untereinander compa’re, den Capo dagegen Don. Auch die Saggi werden von den Padrini mit compa’re angesprochen. Der Capo nennt die Padrini ebenfalls compa’ri um die Gleichheit im Rang zu betonen.Andere, unter ihnen stehenden Ränge werden von den Padrini bzw. Capo mit fijolo (von figliolo: Sohn) angesprochen.

Soci stehen außerhalb der eigentlichen Hierarchie und werden wie Nichtmitglieder angesprochen, obwohl so mancher Socio versucht durch die Anrede compa’re seine Loyalität und Verbundenheit mit der Organisation zu zeigen. Dies wird manchmal toleriert, häufig belächelt und in einigen Fällen deutlich zurückgewiesen.

Famija – Der Clan, der einem Padrino untersteht. Die Casa Nostra setzt sich aus 6 Famije zusammen.

Pizzo – Das Schutzgeld, das eine Familie in ihrem Bereich erhebt; es trifft auf Häuser zu, gleich ob Wohnhaus oder Geschäftshaus.

Silenza – Das eherne Gesetz des Schweigens. Es schließt die Verschwiegenheit über die Gesellschaft ein, sowie die Absage an jegliche Kooperation mit den Behörden, selbst wenn jemand selbst Opfer eines Verbrechens wird. Gegenüber der Justiz kann sogar die Existenz der Gesellschaft geleugnet werden. Ein Verstoß gegen die Silenza wird von der Gesellschaft mit dem Tod bestraft.

Der Jargon der Casa Nostra ist dafür bekannt, dass er oftmals eingeschobene Dentallaute (d, t) „verschluckt“. So wird aus den kurz gesprochenen O’s in cotto (gekocht, im übertragenen Sinn: fix und fertig, erledigt) oder sotto (unten, unterhalb) ein lang gesprochenes O wie in coto und soto. Aus einem T wird oftmals ein D, so etwa bei alto (hoch) zu aldo oder Pietro zu Piedro. Das D wird dagegen oftmals vollkommen verschluckt, so etwa bei compadre zu compa’re, padrino zu pa’rino, oder dem Eigennamen Aldo zu Al’o.
Dies gilt jedoch nicht für Anfangslaute. Santa Trinità heißt im Jargon der Bande demnach Sanda Trinidà.

Eine ähnliche Vulgarisierung ist beim Auftreten von Kombinationen mit -gli zu beobachten, in denen der L-Laut entfällt, am bekanntesten bei figliolo (Sohn) zu fijolo, famiglia zu famija oder der Präposition gli (bestimmter Artikel für Maskulinum Plural), die sich zu einem ji wandelt.

Die Regeln der Bandengrammatik ist bis heute nicht näher bekannt, vermutlich deswegen, weil die wenigen Akademiker, die sich mit diesem Feld beschäftigen wollten, bei der Suche nach Muttersprachlern spurlos verschwunden sind.
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