Die Taverne „Arsinoë“

Das Viertel der Fischer und Arbeiter ist der dichtbewohnteste Stadtteil Palatinas. Mit dem handelspolitischen Niedergang der Republik hat das Militär und die Waffenmanufaktur hier deutlich an Einfluss gewonnen. Die Cittadella und das Arsenal sind militärisches Sperrgebiet.
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Kurz nach dem Angelus - so war es Sitte in der Taverne - klickt der Schlüssel im Schloss. Maddalena schließt die Türe auf, im Schankraum riecht es bereits nach Minestrone. Alles, was die Küche gestern nicht mehr an Gemüse verwenden konnte, landet heute im Topf. Karotten, Zwiebeln, Knoblauch und Tomaten schwimmen im heißen Wasser einer Kelle, aus welcher die Köchin kurz probiert. Von draußen dröhnen die dunklen Bässe von Manufakturarbeitern und Lastenträgern.

Als Giacomo den Schankraum betritt, sind bereits zwei Bänke besetzt. Die lauten Stimmen werden leiser. Der Dominikaner geht an der Theke entlang, betrachtet kleingehackten Sellerie und Lauch. Maddalena will einen Teller nehmen, und ihn ebenfalls mit Suppe füllen; doch Giacomo lehnt ab.


Nein, vielen Dank. Nur eine sättigende Speise. Die hebe ich mir für heute Abend auf.

Die Köchin schaut etwas unsicher. Der Geistliche greift nach einem Einkaufskorb.

Ich gehe auf den Fischmarkt. Der Freitag ist keine Bürde, sondern eine Chance.

Der Heilige Thomas von Aquin, eines der Aushängeschilder der Dominikaner, war vielleicht alles, aber mit Sicherheit kein Asket gewesen. Der Mann hatte Otter, Klippenvögel und Biber wegen ihres Lebens im Wasser als Fische deklariert, weswegen man sie auch am Freitag verspeisen konnte. Dominikaner waren gebildet wie erfinderisch - das betraf auch den Speiseplan. Fasten hieß ja Verzicht, nicht Leiden. Man war schließlich Katholik.

Er lächelt zur jungen Frau:


Das heißt natürlich, dass ich dann die Nachtschicht übernehme.

Dann nimmt Giacomo den Einkaufskorb, der in seinen Händen zierlicher wirkt, als er in Wirklichkeit ist, nickt einigen bekannten Gesichtern zu, verlässt schweigend die Taverne.

Auf dem Fischmarkt
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Gelächter dringt aus der Taverne, als der Dominikaner mit einem flachen Handschlag die Türe öffnet. In seinem Einkaufskorb liegen die anderthalb armseligen Fische. Der Wirtshausbetrieb nimmt Giacomos eiserne Miene nicht wahr, mit der er das Geschehen ungerührt durchsticht. Jemand schlürft Suppe; ein anderer schmatzt Brot; woanders klirren Gläser. Giacomos Ausgen gehen dagegen nur geradeaus.

Und knallt dann effektvoll den Korb mit den Forellen auf die Theke.


Anderthalb Fische.

Selbst der Herr höchstpersönlich hatte zwei Fische gebraucht, um Wunder zu wirken! Was musste das für ein gottloser Ort sein, der so gestraft wurde. Wenn sich das Wasser Ägyptens rot gefärbt hatte, dann das San Pietros gelb-grün. Es reifte in ihm schon länger der Gedanke, dass sie die Endzeit erreicht hatten, die Zeichen des Untergangs mehrten sich. Man musste sie nur lesen können.

Ein Bier bitte, Don!

Gern.

Er ließ sich nichts anmerken. Ging unveränderten Gesichtsaudrucks zum Fass, kommt seiner Arbeit nach. Indes beugt sich Maddalena über den Korb, verzieht eine Miene zwischen Überraschung und Schrecken. Dann schaut sie fragend zu ihm.
Der Dominikaner sieht nur von der Seite zurück.


Ich war zu spät. Kein Fisch mehr da. Das sind die Reste.

Er lügt nicht. Er sagt nur das, was man ihm sagte. Was jeder sagte: jeder Fischer, jeder Reusenbesitzer, jeder Netzflicker. Man würde nie sagen, was wirklich geschah. Denn die Wahrheit war zu groß. Viel zu groß. Jeder Petriner, der das sagte, wusste und verstand, was er eigentlich damit meinte. Aber es war wichtig, die Moral zu halten.

Morgen sieht es besser aus.

spricht er zuversichtlich - und weiß, dass morgen die nächste Ausrede folgte. Die er weitergab. Weil er nicht log. Es war ein Vorurteil, dass die Fischer, Ganoven und Gondolieri von San Pietro logen; denn sie waren von ihrer Lüge so überzeugt, dass sie es für Wahrheit hielten.

Und die Wahrheit lautete: San Pietro war das Viertel der Fischer.
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Luca
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Luca »

In seinem Bett im Obergeschoss schlägt Luca langsam die Augen auf. Sonne scheint ihm unangenehm durch das Dachfenster ins Gesicht. Doch der stechende Kopfschmerz hatte einen anderen Ursprung.

Vorsichtig setzt er sich etwas auf, fasst sich in das Gesicht. Die Nase fühlt sich immer noch leicht geschwollen an. Kein Wunder... so lange war die ganze Sache ja auch eigentlich nicht her, auch wenn es Luca vorkommt als ob zwischen diesem Morgen und dem letzten Abend Ewigkeiten lägen.

Der letzte Abend...

er blinzelt in das hell erleuchtete Zimmer, in dem sich nur noch in den Ecken hartnäckig die Dunkelheit hält. Luca atmet schwer durch. Irgendwie kommt es ihm unwirklich vor, nun in diesem Bett zu sitzen, ein weiches Kissen im Rücken, eine Decke über den Beinen. Würden ihm die Knie an selbigen nicht so weh tun, würde er fast annehmen er bildete sich alles nur ein. Dass Giacomo ihn auf dem Kirchplatz gefunden hatte, dass er ihn mit sich in die Taverne genommen, ihm Essen gegeben hatte. Das unendliche Beten.

Tatsächlich kann er sich nicht mehr erinnern, wie er ins Bett gekommen ist...

Etwas benommen stellt er die Füße auf den Holzboden, spürt der feinen Maserung mit den Zehen nach. Von unten dringt schon wieder Lärm und Geruch frischer Suppe. Luca spürt seinen Magen knurren. Gewisser Weise fühlte er sich schon wieder hungrig.

Wie spät mochte es sein?

Oh nein!

Hoffentlich noch nicht so spät, dass....

Giacomo würde so oder so nicht begeistert sein, dass er bis mittags schlief, aber wenn er die Kapellenreinigung verpasst haben sollte, dann gnadete ihm höchstens noch Gott. Und mit dem hatte er sich womöglich in den letzten Tagen und Wochen auch nicht besonders gut gestellt.

Eilig schlüpft er aus dem Bett und tapst zur Tür, zur Treppe, halb hinab und horcht über das Geländer gelehnt in den Schankraum hinunter, ob er womöglich dort einen gewissen Dominikaner grollen hörte.
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Giacomo sitzt an einer Bank allein. Er tunkt ein altes Stück Brot in die Minestrone, beißt rein. Nichts an ihm verrät, wie gut die Suppe, wie schlecht das Brot schmeckt. Doch dieses Mal hat es nicht nur mit reiner dominikanischer Disziplin oder dem Missmut über den ausbleibenden Fisch zu tun. Seine Augen schauen in die Feuerstelle, ab von der Gastgesellschaft um ihn herum.

Er würde dieser Sache gründlicher nachgehen. Nein, er würde dem nachgehen müssen. Die Eigenheit der Petriner war ihr völliges Leben in der Gegenwart, im Hier und Jetzt. Die Vergangenheit juckte sie nicht, so wenig wie die Zukunft. Sie waren zugleich lustige wie schäbige Hunde. Ein einfaches, ein - paradoxerweise trotz allem Trug und Ganoventum - zutiefst ehrliches Volk, das so schlicht und geradlinig war, dass es seine eigenen Lügen glaubte. Ganz anders als die Leute in der Città Antica, die so viel Vergangenheit mit sich herumtrugen, das sie daran erstickten; oder die Aufklärer von San Paolo, die das goldene Zeitalter im Morgen erlebten.

Ein Leben wie das in Santa Trinità konnte man auch nicht anders ertragen. Es zählte das Weinglas von jetzt; der Tanz; das Mahl. Was in der Waffenmanufaktur heute morgen passiert war, oder in einer dunklen Seitengasse heute Nacht passieren würde - hatte keinen Wert. Und morgen früh wachte man neuerlich auf. Jeder Tag war eine neue Welt. Es hatte keinerlei Sinn zu planen: wer so wenig Habe hatte und so wenig Geld mit sich führte, der musste zum Lebenskünstler werden. Alles andere war Ballast.

Was kümmerten also die Kinder von San Pietro die Fische? Sie waren gestern da, sie würden morgen da sein, also mussten sie auch heute da sein. Vielleicht hatte es früher mehr Fisch gegeben; vielleicht würde es morgen keinen mehr geben. Aber so dachte jemand aus San Pietro nicht. Er würde darauf verweisen, dass er heute genug zu essen hatte. Denn: anderthalb Fische waren immer noch mehr als nur ein Fisch.

Und genau deswegen, deswegen änderte sich hier nie etwas ...
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Luca
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Luca »

Luca schiebt sich, als er nichts vom Dominikaner hört noch etwas weiter die Treppe herunter, immer noch über das Geländer gelehnt, bis er den Pater schließlich beim Essen sitzen sieht.

Sehr gut!

Wenn er dort aß und saß, so war er vermutlich noch nicht in Versuchung gekommen zur Kapelle aufzubrechen und Luca - zumindest für die Reinigung - nicht zu spät.
Er atmet auf, läuft flink die übrigen Treppenstufen in den Schankraum hinunter.

Dass er sich an den Ausgang des gestrigen Abends nicht erinnert ist ihm unangenehm. Hatte Don Giacomo ihn ins Bett gebracht? Was war aus den Gebeten geworden?

Überhaupt ist es ihm eigentlich immer noch allgemein unangenehm dem Ordensmann unter die Augen zu treten, doch jetzt ist er hier, und die letzten Wochen ohnehin grundlegend gebeichtet. Es hatte keinen Sinn sich darüber nun weiter den Kopf zu zerbrechen.

Luca begrüßt Maddalena mit einem betont sorglosen "Guten Morgen!", greift dann an der Theke nach zwei Bechern und einem Krug Wasser, den er mit zu dem Tisch nimmt an dem Giacomo gerade speist.

Behände schwingt er sich auf die gegenüberliegende Bank, stellt die Becher ab und gießt in sie ein.


Guten Morgen Don Giacomo!

Sein Blick wandert kurz von einem Becher auf zum Dominikaner. Ein Anflug von Unsicherheit liegt darin. Wie wird Giacomo auf ihn reagieren? Gut möglich, dass er ihm Vorhaltungen über die Uhrzeit machen würde. Über gestern Abend, an den er sich nicht vollkommen erinnerte. Oder es ihm missfiel, dass Luca sich so vermeintlich gut gelaunt präsentierte. Aber wenn er sich nun im Schankraum herumgedrückt hätte, bis Giacomo ihn angesprochen hätte, hätte es die Situation keinen Deut besser gemacht. Manchmal ist Angriff die beste Verteidigung.

Mit einem möglichst unschuldigen Gesichtsausdruck schiebt er ihm einen der Gefüllten Becher entgegen.
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Giacomo, der bis eben in Gedanken über das verseuchte Wasser und das Fischsterben war, und einen langen Exkurs zur allgemeinen Betrachtung petrinischer Mentalität gemacht hatte, merkt erst auf, als Luca sich ihm bereits gegenüber gesetzt hat. Sein Blick geht zum Jungen, die Augenbrauen zucken für eine Sekunde auf, als er mit den Gedanken in die Taverne, in die Gegenwart zurückkehrt.

Morgen ...?

Sein Blick schweift zu einer rostigen Kaminuhr, die nur noch einen Stundenzeiger besitzt. Der tangiert im letzten Drittel vor 2 Uhr.

Abbiamo buon pomerigio.*

Dann gehen seine Augen zurück zu Luca. Der Blick ist dunkel, ernst, aber nicht böse. Eher prüfend. Und genau das folgt: eine Prüfung.

Was hast du heute Morgen geschafft?

Dann geht seine Hand zum Becher. Er nimmt einen Schluck, sieht dabei immer noch unzufrieden aus.

______________________
*"Wir haben Guten Nachmittag."
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Luca
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Luca »

Lucas Unschuldslächeln verlischt in Anbetracht Giacomos Frage sichtbar von seinem Gesicht. Sein Blick senkt sich schuldbewusst auf seinen Becher; angespannt kaut er auf seiner Unterlippe, während er in seinem Kopf nach einer möglichst guten Antwort sucht.

Nach einer Antwort, die Giacomo möglichst zufrieden stellen würde; eine Antwort, die in den Augen des Don nicht das Eingeständnis einer weiteren Unzulänglichkeit war. Luca gräbt, überlegt, überlegt die Frage mit einem lapidaren "ich lebe noch!" wegzulächeln. Auf einer gewissen Ebene war dies tatsächlich gar nicht mal so selbstverständlich, doch streng genommen war es auch nicht wirklich sein Verdienst. Eher Glück, nicht zu viel Pech gehabt zu haben. Schließlich muss er einsehen dass es keine zufriedenstellende Antwort geben würde. Luca seufzt. Am liebsten wäre er einfach direkt wieder gegangen. Einfach raus, einfach weg. Weg von diesem Blick, diesen Fragen

...und den Antworten darauf.

Doch die Schmach der Umstände des Widersehens ist noch zu frisch, alsdass Luca sich nicht ganz deutlich verpflichtet fühlt, zumindest die Reinigung mit dem Padre anständig durchzuziehen. Er hatte ihm gesagt, dass er nicht mit ihm gebrochen habe, und er würde ihm beweisen, dass ihm alles tatsächlich Leid tat.
Gehen ist einfach gerade keine Option.

Luca starrt in das Wasser seines Bechers, dass still und stumm daliegt und auch keine Antwort für ihn bereit hält.

Wenn er die Situation nicht noch endlos lang ziehen wollte, müsste er jetzt etwas sagen. Irgendetwas.
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Don Giacomo hält seinen prüfenden Blick aufrecht. Er war Dominikaner. Inquisition hieß Untersuchung. Dominikaner suchten nach der Wahrheit. Das drohte man angesichts der ganzen negativen Propaganda zu vergessen. War jemand ein Häretiker? Gab er bewusst falsches Zeugnis ab, oder wusste er es nicht besser? Ließ er sich mit dem Bösen ein, weil er es wollte; weil er daran glaubte; weil er es nicht verstand; oder weil er in etwas hineingeraten war? Die grundsätzliche Frage lautete: wie sehr liebte ein Mensch die Wahrheit - und das hieß: Jesus Christus.

Giacomo hatte nie als Inquisitor gearbeitet, und angesichts der Zeitumstände würde sich diese Karriere nicht mehr realisieren lassen. Aber die dominikanische Mentalität blieb, trotz der verstaubten Jahrhunderte des Mittelalters, nach denen man heute graben musste, um zu verstehen, was den Heiligen Dominikus, den Heiligen Aquino und andere angetrieben hatte. Man lernte, Sachen nüchtern und ernst entgegenzutreten, sich nicht beirren zu lassen. Logisch vorzugehen, bis zur letzten, zur gewünschten Antwort.

Und man lernte durchdringend zu schauen.

Der Pater hat nicht die geringste Ahnung, was Luca heute Morgen getrieben hat. Vielleicht den nächsten Mist verbockt. Vielleicht die Zeit mit Müßiggang verbracht. Was ihn anging, das war nur Bewertung und Analyse. Das ganze Leben war im Grunde nichts anderes als die ewige Quaestio, gefolgt von Determinatio, Objectiones und Sed Contra. Nicht jeder konnte am Ende mit Aufzählungen und Schlüssen aufwarten.

Die Frage war, ob Luca überhaupt über die Queastio hinauskam.
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Luca
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Luca »

Ich bin... hier?

Luca bringt endlich ein paar Worte hervor. Nicht die besten, das weiß er selbst, doch immerhin überhaupt eine Antwort, bevor Don Giacomo ihn noch weiter anstarrte.
Gegen einen festen Griff konnte man sich wehren, gegenhalten, sich nach rechts und links winden; den Blick des Dominikaners jedoch konnte man nicht abstreifen, er lastete auf einem wie ein Stein, der einem Herz und Lunge abschnürte.

Die Antwort ist jedoch eher eine Frage, als eine echte Antwort.


um Euch beim Reinigen der Kapelle zu helfen.

ergänzt er dann mit hoffnungsvollem Unterton, Don Giacomo könnte diese Antwort tatsächlich gelten lassen.

Streng genommen hatte er heute natürlich gar nichts geschafft. Er hatte geschlafen. Verdammt, er war auch erst irgendwann weit nach den ersten Morgennebeln ins Bett gegangen! ... oder was auch immer.

Außerdem war er müde! Er ist es immer noch; müde und hungrig, obwohl er gegessen und geschlafen hat. Es ist irgendwie kühl, und er fühlt sich schwach und ausgelaugt. Wenn er wenigstens noch etwas Zucker übrig hätte, würde alles besser sein. Aber daran war gerade nicht zu denken, weder hatte er Geld, noch würde er die Gelegenheit haben welchen zu besorgen.

Luca nimmt einen Schluck Wasser, versucht sich all das nicht anmerken zu lassen.

Ja, streng genommen war es schon eine Leistung, dass er jetzt hier saß. Objektiv saß er einfach nur am frühen Nachmittag an einem Tisch, subjektiv merkt er mit jeder Minute die vergeht und in der nichts passiert, wie viel ihm dieses Sitzen und "da sein" abverlangte. Möglicher Weise ist es nicht nur Giacomos Blick, der sich so schwer anfühlte.
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Don Giacomo
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Re: Die Taverne „Arsinoë“

Beitrag von Don Giacomo »

Das ist doch einmal eine zufriedenstellende Antwort.

Womöglich hatte sich die Madonna für Luca beim Herrn eingesetzt, damit dieser ein Wunder geschehen lasse; wenn dem so war, dann hatten sich offensichtlich die dutzenden Ave Maria von heute Morgen gelohnt. Giacomo jedenfalls erscheint erstaunlich versöhnlich. Seine Gesichtszüge werden sichtlich weicher.

Dabei ist das weitaus weniger verwunderlich, als Luca auf den ersten Blick meinen mag. Giacomo zog Lehren aus der Vergangenheit, aber er bohrte in dieser nicht zu lange herum, wenn jemand anderes die Lehren zog. Die bedeutete jetzt: Sühne tun, helfen, ein Gotteshaus wieder auf Vordermann bringen. Das ist Giacomos Welt. Und vielleicht glaubt der Dominikaner für einen Augenblick auch, dass sich irgendetwas in Luca bewegt hätte, und seine Worte keine Ausrede waren - sondern eine Aufforderung.

Denn haargenau so reagiert Giacomo.


Hol den großen Weihwasserkessel. Und die Weihrauchfässer. Und das Weihrauchschiff. Wir sollten keine Zeit verlieren.

Prompt steht Giacomo auf. Es scheint, dass er das wirklich als Aufforderung gesehen hat, endlich ihr Werk zu vollbringen. Welch Wonne, welche Freude! Offensichtlich fand Luca doch noch zum rechten Glauben und zum rechten Weg. Da sollte man sofort die Gelegenheit beim Schopfe packen, solange der Junge seine Meinung nicht wieder änderte.
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