Die Piazza Pescato (Fischmarkt)

Das Viertel der Fischer und Arbeiter ist der dichtbewohnteste Stadtteil Palatinas. Mit dem handelspolitischen Niedergang der Republik hat das Militär und die Waffenmanufaktur hier deutlich an Einfluss gewonnen. Die Cittadella und das Arsenal sind militärisches Sperrgebiet.
Antworten
Benutzeravatar
Die Signoria
Im Namen der Republik
Im Namen der Republik
Beiträge: 100
Stadtteil: Città Antica
Gesinnung: Reaktionär

Die Piazza Pescato (Fischmarkt)

Beitrag von Die Signoria »

Piazza Pescato

Bild

Wohliges Aroma von Salz übertüncht so manchen Fischkopf. Woanders liegen Riesengarnelen aus, packt eine Marktfrau einen Lachs in altes Zeitungspapier, wird Tinte angepriesen oder Perlen angeboten. Hier gibt es alles, was der Mensch den Meeren abgerungen hat: ob Fisch, ob Meeresfrucht, ob Kunstschatz. Seit seiner Neugestaltung nach dem Brand von 1654 stehen die Händler des Fischmarktes unter Arkaden, die einen rechteckigen Platz nahezu umrunden. Auch mancher Trödel findet sich darunter, aber bis heute schätzen alle Einwohner der Stadt diesen Ort, wo – entgegen böser Gerüchte aus Porto Vecchio – der Fisch immer die beste Qualität besetzt. Schon frühmorgens kommen einzelne Fischer mit ihrem Fang aus der Nacht, um diesen auszulegen. Der heimatliche Geruch von San Pietro schwindet nie – so glaubt man. Auch, wenn der Rauch aus der Manufaktur das Aroma zu trüben beginnt, und die Auslage – aus irgendwelchen Gründen – nicht mehr so umfangreich ist wie früher. Insbesondere das Lachsangebot ist beträchtlich zurückgegangen, einzelne Muschelsorten findet man nur noch selten. Die Händler füllen die Lücken mit gesalzenem Gut aus Sirena, Torre San Giovanni und Porto Vecchio. Deswegen findet man hier mittlerweile Fischspezialitäten aus der gesamten Republik.

___________________________________________________________

NPCs:

Alle Händler und Marktfrauen, welche hier etwas verkaufen (beliebige Farbe): Wenn ihr ein Geschäft abwickeln wollt, denkt euch einfach jemanden aus, mit dem ihr Handeln wollt – alles ist eurem Einfallsreichtum und eurer Phantasie überlassen.
Wissen Sie, warum die europäische Gesellschaft stirbt? Sie stirbt, weil sie vergiftet worden ist. Sie stirbt, weil Gott sie geschaffen hatte um mit der katholischen Substanz ernährt zu werden und weil Kurpfuscher ihr die rationalistische Substanz als Nahrung verabreicht haben. Die einzelnen Menschen können sich noch retten, weil sie sich immer retten können. Aber die Gesellschaft ist verloren, nicht deshalb, weil ihre Rettung eine radikale Möglichkeit an sich darstellt, sondern weil die Gesellschaft meiner Überzeugung nach ganz offenbar nicht gerettet werden will. - Juan Donoso Cortés

Benutzeravatar
Don Giacomo
Beiträge: 48
Stadtteil: San Pietro
Schicht: Popolo
Beruf: Dominikaner
Gesinnung: Liberal

Re: Die Piazza Pescato (Fischmarkt)

Beitrag von Don Giacomo »

Giacomo war spät dran. Er kannte die Stoßzeiten am Freitag. Fischtag war Fischtag. Die Nobili schickten ihre Diener bereits beim Aufbau der Stände nach San Pietro, um sich mit den frischesten Waren einzudecken. Manche lechzten nach Austern aus Sirena. Wieder andere verlangten nach frischem Hummer aus Porto Vecchio, die in Aquarien krabbelten. Im Sommer hatte der Fischmarkt nur bis zum Mittagsschlag geöffnet, weil die Ware sonst zu verderben drohte; doch es gab Tage, da war es auch um diese Uhrzeit schon zu spät, um die köstlichsten Leckereien aus dem Sammelsurium maritimer Delikatessen zu fischen.

Kein Lachs?

Etwas anderes war es, wenn gar keine Waren im Sortiment lagen. Giacomo steht vor einer Bude unter den Arkaden, schaut in leere Fächer. Er blickt auf eine Kiste mit Meerwasser, in denen kleine Krabben baden, sieht Spieße mit geräucherten Garnelen. Doch die eigentliche Auslage ist leer. Beppe Salmerino, der Fischer seines Vertrauens, war ein Geheimtipp unter den Lachshändlern San Pietros. Seit zwanzig Jahren stand sein Name für den Lachs mit dem besonderen Geschmack. Bereits am zweiten Tag seiner Ankunft hatte Giacomo ihn kennengelernt. Er gehörte zu den vertrautesten Gesichtern dieses Stadtteils. Zweifelnd geht Giacomos Hand über den leeren Tisch: nicht einmal ein winziger Lachs!

Ich hätte noch ein paar fette Karpfen aus der Zucht.

Giacomo verzieht kopfschüttelnd das Gesicht.

Ich kann Karpfen nicht ausstehen. Ihr müsst doch wenigstens Forellen haben?

Jetzt wo Ihr es sagt ...

Es gab lufgetrockneten Kabeljau, gepökelte Heringe, eingelegte Sardinen - aber wonach es dem Dominikaner stand, war frischer, kräftiger Fisch, den man erst in der Nacht aus dem Wasser gezogen hatte. Aus den fetten Teichfischen schmeckte man genau das fade Leben heraus, das diese geführt hatten. Lachse und Forellen dagegen streiften meilenweit durchs Wasser; gerade die Lachse waren jahrhundertelang Palatinas Nährquelle der armen Schicht gewesen, weil sie während der Paarungszeit den Rio hinauf Richtung Wasserfall schwammen, und dabei in die Netze der Petriner gerieten. Das Gerücht ging, dass es letztes Jahr nur eine mittelmäßige Lachswanderung gegeben hatte; aber Giacomo hatte diesen Worten keinen Glauben schenken wollen. Die Leute klagten immer über schlechte Ernten, schlechten Fang und schlechten Wein, um ihn dann letztlich doch zu verköstigen und sich nächstes Jahr neuerlich zu beklagen.

Als Giacomo dann die magere Ausbeute sieht, die ihm der Fischer präsentiert, revidiert er jedoch sein Urteil.


Zwei Forellen? will es der Dominikaner nicht fassen Ganze zwei Forellen?

Der Fischer sieht etwas gequält drein. Er dreht eine Forelle auf einem Holzbrett um. Ein Stück ist bereits hinausgeschnitten. Tätsächlich ist von dem Fisch nur eine Seite übrig.

Die eine Hälfte habe ich heute Morgen bereits verkauft. Für 5.000 Lire.

Sündiger Wucher! ereifert sich Giacomo, erhebt den Zeigefinger zum Himmel - worauf der Fischer die anderthalb Fische wieder demonstrativ verstaut.

Der Geistliche merkt, was er getan hat. Offensichtlich gab es keinen anderen, fangfrischen Fisch mehr. Und er hatte gerade alles getan, um auch diesen zu verprellen. Er seufzt durch.


15.000 Lire?

10.000, weil Ihr es seid.

Münzen klimpern über das Holzbrett. Salmerino packt die anderthalb Fische in altes Zeitungspapier, reicht sie dem Dominikaner. Der nimmt sie seufzend entgegen, steckt sie in den viel zu leeren Einkaufskorb, dankt, und verabschiedet sich.
Erst, als Giacomo wieder auf dem Platz ist, richtet er seine Augen fragend zum Himmel:


Großer San Pietro - wie soll ich unter diesen Umständen ein Gasthaus führen ...?

Thanks for all the fish ...?
Der Papst? Wie viele Divisionen hat der denn? - Josef Stalin

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste