Warum sind Forenrollenspiele de facto ausgestorben?
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Re: Warum sind Forenrollenspiele de facto ausgestorben?
Dann sind wir uns ja einig.
Alle drei.
Suicidal, violent, tragic state of mind; lost my halo, now I'm my own Antichrist! I'm running out of Teardrops, let it hurt 'til it stops, I can't keep my grip, I'm slip pi ng a w ay f r o m m e. Oh God! Everything is SO FUCKED! but I can't feel a thing... - BMTH: Teardrops
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Re: Warum sind Forenrollenspiele de facto ausgestorben?
Leute, die für RPG ArPiDschi sagen
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni
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Re: Warum sind Forenrollenspiele de facto ausgestorben?
Gewisser Weise ist es ja gar nicht so falsch.... ^^
Aber wer sagt denn sowas und was ist mit diesen Leuten?
Aber wer sagt denn sowas und was ist mit diesen Leuten?
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Re: Warum sind Forenrollenspiele de facto ausgestorben?
Es gibt ein großes Paradoxon, das mir in letzter Zeit auffällt. Nämlich, dass eine große Faszination des Internets durch Social Media auch deswegen verloren gegangen ist, weil es mit Selbstdarstellung warb - und damit auch dem Ende des Geheimnisses, das die Persönlichkeiten im WWW umgab.
Das "alte" Internet lebte stark davon, dass niemanden interessierte, wer man war, sondern galt, was man tat/schrieb. Das klingt fast absurd in Zeiten der Identitätspolitik. Während heute alles davon abhängt, was man ist und sich darüber definiert, ist es keine 15 Jahre her, dass der Trend komplett entgegengesetzt war.
Facebook hat nicht nur die Diskussionforen getötet, sondern auch einen "Lifestyle". Denn in dem Moment, da die Selbstdarstellung wichtig wurde, hatte man einen Anreiz für den Klarnamen. Man hat immer weniger eine Rolle spielen können, sondern spielte sich selbst.
Ich glaube, dass das ein Gedanke war, der letztlich auch den Tod von Forenrollenspielen befördert hat. Das Internet war a priori ein Maskenspiel. Da hat es nicht viel ausgemacht, ob man Römer in einer antiken Stadt, Hochelb in einem Tolkien-RPG oder eben ein Bürger einer fiktiven Renaissancestadt mit ab und an besonderem Humor war. Die Grenzen waren nicht so groß. Und selbst im off-topic dieser Foren lebte ein Lebensgefühl weiter, auf nichts wirklich Rücksicht nehmen zu müssen, solange man Spaß hatte.
Es ist ein gefühl, das ich im Internet mittlerweile extrem vermisse. jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt - obwohl Meinungsdiskurse nicht mehr annähernd so lang sind wie in der Zeit der Foren. Man kommuniziert weniger, interpretiert aber deutlich mehr in diese kurzen Sätze rein. Forenkultur hatte auch mit Differenzierung zu tun. Es ist tatsächlich so, als hätten wir unseren Geist eingeschränkt, weil wir weniger Worte benutzen; ich weiß ich nicht.
Was ich aber weiß, ist, dass der größere Gebrauch von Klarnamen und Selbstdarstellung Pandoras Büchse geöffnet hat. Weil man nichts mehr mit einer erfundenen Identität verbindet, sondern mit sich selbst. Und weil erfundene Identitäten für viele Leute nicht nur Therapie und Freizeit waren, das Ausbrechen aus dem Alltag auch kein Eskapismus ist, sondern eine enorm wichtige menschliche Wesensart, die uns immer wieder genommen wird. Denn Normalität und Ausbrechen gehören zusammen. Besonders in einer Zeit, in der uns Träume, Wünsche und Vorstellungen mehr denn je genommen werden, weil Politisches und Gesellschaftliches immer mehr den Alltag bestimmt und die Rückzugsräume weniger werden.
Forenrollenspiele waren so ein Rückzugsraum, wo alles möglich war. Facebook, Twitter und Co. sind es nicht, weil erweiterter Teil der Öffentlichkeit. Das Internet, das große Versprechen, ist heute auch nicht mehr anders als das "da drauaßen".
Das "alte" Internet lebte stark davon, dass niemanden interessierte, wer man war, sondern galt, was man tat/schrieb. Das klingt fast absurd in Zeiten der Identitätspolitik. Während heute alles davon abhängt, was man ist und sich darüber definiert, ist es keine 15 Jahre her, dass der Trend komplett entgegengesetzt war.
Facebook hat nicht nur die Diskussionforen getötet, sondern auch einen "Lifestyle". Denn in dem Moment, da die Selbstdarstellung wichtig wurde, hatte man einen Anreiz für den Klarnamen. Man hat immer weniger eine Rolle spielen können, sondern spielte sich selbst.
Ich glaube, dass das ein Gedanke war, der letztlich auch den Tod von Forenrollenspielen befördert hat. Das Internet war a priori ein Maskenspiel. Da hat es nicht viel ausgemacht, ob man Römer in einer antiken Stadt, Hochelb in einem Tolkien-RPG oder eben ein Bürger einer fiktiven Renaissancestadt mit ab und an besonderem Humor war. Die Grenzen waren nicht so groß. Und selbst im off-topic dieser Foren lebte ein Lebensgefühl weiter, auf nichts wirklich Rücksicht nehmen zu müssen, solange man Spaß hatte.
Es ist ein gefühl, das ich im Internet mittlerweile extrem vermisse. jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt - obwohl Meinungsdiskurse nicht mehr annähernd so lang sind wie in der Zeit der Foren. Man kommuniziert weniger, interpretiert aber deutlich mehr in diese kurzen Sätze rein. Forenkultur hatte auch mit Differenzierung zu tun. Es ist tatsächlich so, als hätten wir unseren Geist eingeschränkt, weil wir weniger Worte benutzen; ich weiß ich nicht.
Was ich aber weiß, ist, dass der größere Gebrauch von Klarnamen und Selbstdarstellung Pandoras Büchse geöffnet hat. Weil man nichts mehr mit einer erfundenen Identität verbindet, sondern mit sich selbst. Und weil erfundene Identitäten für viele Leute nicht nur Therapie und Freizeit waren, das Ausbrechen aus dem Alltag auch kein Eskapismus ist, sondern eine enorm wichtige menschliche Wesensart, die uns immer wieder genommen wird. Denn Normalität und Ausbrechen gehören zusammen. Besonders in einer Zeit, in der uns Träume, Wünsche und Vorstellungen mehr denn je genommen werden, weil Politisches und Gesellschaftliches immer mehr den Alltag bestimmt und die Rückzugsräume weniger werden.
Forenrollenspiele waren so ein Rückzugsraum, wo alles möglich war. Facebook, Twitter und Co. sind es nicht, weil erweiterter Teil der Öffentlichkeit. Das Internet, das große Versprechen, ist heute auch nicht mehr anders als das "da drauaßen".
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni
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