Die Akademie

Das schmucke Kanalviertel beherbergt den selbstbewussten Mittelstand der Stadt, in dem aufklärerische und jakobinische Ideen Fuß gefasst haben. Das Kaffeehaus, die Akademie und die Freimaurerloge gelten als intellektueller Treffpunkt und politischer Unruheherd.
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Antonio Foscari
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Re: Die Akademie

Beitrag von Antonio Foscari »

Antonio bemerkt bereits von außen, dass etwas an der Akademie vorgefallen sein muss. Schon vor der Fassade hörte man die Stimmen von Vorträgen aus den Fenstern, glaubte mechanische Geräusche oder blubbernde Experimente zu vernehmen. Die Akademie war ein abgeschlossener Bereich und zugleich eine der vibrierenden Herzkammern von San Paolo; wenn sie stockte, dann stockte der ganze Stadtteil – so, als hätte vielleicht morgen das Casino, das Kaffeehaus oder das Theater seinen Betrieb eingestellt.

Der jüngere Foscari lässt deshalb bereits beim Eintritt Vorsicht walten. Wo sich sonst der Hall zwischen Schritten und Stimmen verlor, wenn er eintrat, herrschte eine merkwürdige Stille, sodass er seine eigenen Tritte auf den Fliesen hörte. Ein unangenehmer Geruch lag in der Luft, und wie alle seine Vorfahren, die über Jahrhunderte ein besonderes Gespür dafür bewahrt hatten – gewissermaßen eine vererbte Gabe des Überlebens –, so meldete sich nun auch bei ihm die eindeutige Warnung:

Ärger.

Für einen Moment bleibt er in Deckung, tritt dann langsam hinter eine Säule – nicht zu hastig, schon gar nicht übereilt, aber so zielstrebig, dass seine Anwesenheit kaum bemerkt wird. Für einen letzten Augenblick erspäht er Signora Sonorati und den Trupp der Carabinieri. Nichts, was ihn, einen Nobile, dazu noch den Bruder eines Dogenberaters, aus dem Konzept gebracht hätte; und nein, nicht wegen seiner verwandtschaftlichen Privilegien, sondern weil ihn auch ein jakobinisches Revolutionskommando kaum beunruhigt hätte.

Antonio hatte für jeden die Worte parat, die er hören wollte – wenn es denn sein musste.

Aber die bedrückende Atmosphäre kann auch er nicht leugnen. Tenente Raimondi hat einen Ruf, und er wird diesen Ruf verteidigen. Hier, in dieser Akademie, der Quelle studentischer Unruhen. Er würde fündig werden, da war Antonio nicht nur sicher – es war eine Notwendigkeit. Und wenn nichts da war? Dann würde umso mehr etwas gefunden werden! Dafür gab es die Carabinieri. Beweise waren für sie nichts, das per se existierte, sondern etwas, das, wenn notwendig, in Existenz gebracht werden konnte, um subversive Subjekte zu überführen.

Foscari wartet einen Augenblick, bis sich die Protagonisten entfernt haben.

Er ist nur eine Nebenfigur in diesem Stück.

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