Die Kupferbrücke

Das schmucke Kanalviertel beherbergt den selbstbewussten Mittelstand der Stadt, in dem aufklärerische und jakobinische Ideen Fuß gefasst haben. Das Kaffeehaus, die Akademie und die Freimaurerloge gelten als intellektueller Treffpunkt und politischer Unruheherd.
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Die Signoria
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Die Kupferbrücke

Beitrag von Die Signoria »

Die Kupferbrücke zwischen Città Nuova und San Paolo

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Die Kupferbrücke verbindet den Südosten der Città Nuova mit dem Viertel San Paolo. Sie überspannt einen Seitenarm des Rio, der sich südlich der Insel mit dem Mandro vereint. Der Übergang hat Feuer und Erdbeben überlebt und steht seit dem 15. Jahrhundert. Es handelt sich um eine spätmittelalterliche Brücke, die römischen Modellen nachempfunden ist, aber ihre Herkunft nicht verheimlichen kann. Den Namen hat sie – so glaubt man jedenfalls – vom roten Backstein, der in der Sommerhitze kupferrot zu schimmern scheint. Stierwappen auf den Pfeiler erinnern an ihren Urheber, den Herzog Enrico II. Malpazzi, den man auch „den Guten“ nannte.

Die Bürger der Città Nuova und San Paolos schätzen diesen Ort zum Flanieren, hat man doch einen faszinierenden Blick auf beide Viertel und die Città Antica, wo sich der Palatin mit San Vittorio erhebt. Oft sieht man hier Künstler sitzen, die Veduten malen. Der Blick von der Kupferbrücke gilt als ein beliebtes Motiv in italophilen Städten oder als Souvenir für Reisende der Grand Tour.

Im Zuge der Öffnung der neuen Bronzebrücke für Segelschiffe hat San Paolo eine Modernisierung der Brückenstruktur vollzogen. Während die eher provisorische Holzkonstruktion in den Brückenbögen der Bronzebrücke den Ruf hat, reine Flickschusterei zu sein, wurde mithilfe von Wissenschaftlern der Akademie ein ausgetüftelter Mechanismus erfunden. Der mittlere Bogen der Kupferbrücke besteht vornehmlich aus Metall, das ähnlich wie die Steinbögen angemalt ist und den Effekt vorspiegelt, es handelte sich um eine ganz normale Steinbrücke. Über eine Hebeltechnik kann jedoch das Mittelstück gleich einer Zugbrücke hochgefahren werden. Das System funktioniert dabei über eine hochentwickelte Mechanik beinahe automatisch.
Wissen Sie, warum die europäische Gesellschaft stirbt? Sie stirbt, weil sie vergiftet worden ist. Sie stirbt, weil Gott sie geschaffen hatte um mit der katholischen Substanz ernährt zu werden und weil Kurpfuscher ihr die rationalistische Substanz als Nahrung verabreicht haben. Die einzelnen Menschen können sich noch retten, weil sie sich immer retten können. Aber die Gesellschaft ist verloren, nicht deshalb, weil ihre Rettung eine radikale Möglichkeit an sich darstellt, sondern weil die Gesellschaft meiner Überzeugung nach ganz offenbar nicht gerettet werden will. - Juan Donoso Cortés

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Leonora Albizzi
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Re: Die Kupferbrücke

Beitrag von Leonora Albizzi »

Ich weiß es nicht, Leonora. Das kommt darauf an wann ich die neuen Plakate bekomme... eventuell übermorgen, aber Samstags ist auf den Straßen zu viel los.

Leonoras Blick verfinstert sich ein wenig enttäuscht. Eigentlich müsste sie sich sowieso auf eine Prüfung an der Akademie vorbereiten, doch Zeit mit Domenico zu verbringen ist deutlich interessanter. Und genau betrachtet doch auch so viel wichtiger!

Also Sonntag? fragt sie dann zerknirscht.

Vielleicht...

Ich kann dir nichts versprechen.

Er schaut sie bedauernd aber auch prüfend an, als ob er schon damit rechnet größere Widerworte zu erhalten.

Leonoras Blick wandert schmollend zu Boden, während sie den Arm um seine Taille gelegt auf die Kupferbrücke einbiegen.
Immer noch liegt die kühle Luft des vergangenen Winters über Palatina, aber man merkt, dass es wärmer geworden ist. Leonora liebt es in den Straßen unterwegs zu sein und jetzt, da das Wetter wieder so angenehm ist, will sie die Zeit nutzen. Domenicos Hand ruht immer noch auf ihrer Schulter und dirigiert sie über die Brücke.
Leonora seufzt leicht, hebt aber dann den Kopf um ihn zufrieden zu mustern.

Manchmal kann sie es immer noch nicht ganz glauben. Ihr ganzes Leben hat sie davon geträumt endlich freier und unabhängiger zu sein, nicht ständig von ihren älteren Geschwistern bevormundet und angeleitet, als sei sie ein zerbrechliches Küken. Es war nicht einfach die Familie zu überzeugen zur Universität zu wollen, doch Salomè hatte sich schließlich für sie eingesetzt, auch unter dem Aspekt das Bildung das Ansehen der Familie mehren würde. Und jetzt ist sie plötzlich hier, als Studentin unterwegs durch Palatina, und das mit einem jungen Mann der endlich einmal so ganz anders ist als die Männer in ihrer Familie. Bewundernd gleitet ihr Blick über Domenicos Gesicht, der anscheinend konzentriert und nachdenklich den Blick auf das andere Ende der Brücke gerichtet hat. Er macht sich immer viel zu viele Sorgen, traut ihr auch manchmal Dinge nicht zu. Doch sie wird ihm schon beweisen, dass sie ein genau so guter Revolutionär ist wie er. Ganz sicher!


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Marco Foscari
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Re: Die Kupferbrücke

Beitrag von Marco Foscari »

Pferde klappern über die Kupferbrücke. Der Kutscher ruft einmal laut, um auf sich aufmerksam zu machen, da ein nächtliches Paar ebenfalls die Brücke überquert. Die Tiere schnauben, als sie Leonora und Domenico passieren.

Zwar wirft der Foscari einen Blick hinaus, kann jedoch die beiden in genau jenem Moment nicht sehen, weil sie unter dem Kutschfenster gehen. Stattdessen bleibt das Panorama von Mondlicht, das auf dem Rio-Arm zwischen Città Nuova und San Paolo glitzert und den vereinzelten Glühwürmchenlichtern in den Häusern auf dem Palatin.

Die Kutsche lässt den Lärm und Trubel der Vergnügungssüchtigen von San Paolo hinter sich. Auf der anderen Seite des Flusses ist es bedeutend ruhiger. Die Handwerker haben ihre Läden geschlossen, nur eine kleine Taverne an der Straße wird belebt von Meistern und Händlern, die den abendlichen Wein zu sich nehmen und das alltägliche Werk bereden.

Foscaris Gesichtsmuskeln entspannen sich.


... über den Marktplatz ...
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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