Die Straßen von San Paolo

Das schmucke Kanalviertel beherbergt den selbstbewussten Mittelstand der Stadt, in dem aufklärerische und jakobinische Ideen Fuß gefasst haben. Das Kaffeehaus, die Akademie und die Freimaurerloge gelten als intellektueller Treffpunkt und politischer Unruheherd.
Otrabe Krampus
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Otrabe Krampus »

Nee, das war meine Frau. Du weißt ja, dass ich die Memoiren von Bischof Gotthart lese, meinem Vorfahren. Er war unterwegs und wurde mit Messern beworfen, von denen keines in seinen Körper eindrang. Da ich im Besitz von Bischof Gottharts Kettenhemd bin, habe ich dieses angezogen und meine Frau gebeten mir mit einem echten Schmierenfinck Messer auf das Kettenhemd zu stechen. Blöderweise erwischte sie eine Lücke und rannte dann schreiend davon. Ich suchte sie erst, fand sie nicht und ging später zu Arbeit.
Falls Du Luise treffen solltest, es ist alles in Ordnung. Brich bloß das Messer nicht ab, die sind sauteuer.
Er versucht sich zu entspannen um den erwarteten Schmerz des herausziehens zu mildern.

Ich habe immer noch nicht herausgefunden, wo er sich in den Schemen letztlich niederließ und mit dieser Wirtin meinen Vorfahren zeugte. Taufpate war jedenfalls ein Papagei.
Irgendwo in diesem Gebäude muss der Schlüssel zu dem Millionengeheimnis des Bischofs sein.

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Marco Foscari
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Marco Foscari »

Foscari tippt kurz gegen den Griff, versichert sich, wie fest das Teil im Kettenhemd steckt - und blickt dann zu seinem Diener.

Lattepizzicato?

Muss das sein? Schlechte Erinnerungen.

Er lächelt erklärend zum Krampus

Lattepizzicato war in einem seiner früheren hundert Leben einmal Artist im Zirkus und - unfreiwilligerweise - Wundheiler. Er musste damals schon dem einen oder anderen Artisten ein Messer rausziehen. Drehendes Roulette, drangeklebter Clown, Messerwerfer ... du verstehst.

lässt er offen, tritt zur Seite.
Latte reibt sich die Hände, klatscht sie dann zusammen, tänzelt eine Sekunde um den Rücken des foscar'schen Cousins. Dann umfasst er den Griff mit beiden Händen.


Stillhalten.

Er fühlt kurz nach, wie tief und fest das Stück im Rücken hängt, schätzt die Breite, analysiert, wie viel Kraft und wie viel Gecshick er aufbringen muss.
Dann beginnt er.


Hfngh ...

Das Manöver gelingt so feinfühlig, dass Otrabe kaum etwas merkt, aber der Riss ist gut zu hören - mit einem Ruck ist das Eisen raus.

Ha! Viel geschmeidiger als damals bei Toni, dem fetten Bajazzo!

Er reckt das Messer triumphierend in die Höhe, so, als hätte er es gerade in einem heroischen Akt aus einem Stein gezogen und wäre bereit dazu, nun zum König von Britannien gekrönt zu werden. Als ätherische Chöre singen, sieht sich der Herr genötigt, einzugreifen.

Das reicht jetzt.

Foscari macht eine pikierte Handbewegung, meint dann zuletzt zum Cousin

Millionengeheimnis?
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

Otrabe Krampus
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Otrabe Krampus »

Danke Lattepizzicato, hervorragende Arbeit!
Bedankt er sich beim Diener Foscaris
Nun ja Marco, es ist ja bekannt, dass Gotthart Krampus vor ewigen Zeiten dem Dogen Geld leihen wollte, damit der Krieg gegen Genua oder wen auch immer verkürzt werden sollte. Im Gegenzug erwartete Gotthart Steuerfreiheit. Nach wenigen Tagen demolierten jedoch Steuereintreiber den Braukessel der Brauerei. Soll heißen Gotthart war gelinde gesagt angepisst darüber. Der Doge bekam weder das Geld noch die Steuern. Diese Geschichte wird ja seit Generationen erzählt.
Man sagt, dass die sogenannte Dunkelheimer Bruderschaft das Geld bis zu deren Auflösung, der letzte starb an Altersschwäche, verwaltete.
Unmengen an Gold und Diamanten plus die Einnahmen aus der Brauerei. Sie lebten vom ewigen Biergenuss abgesehen sehr asketisch und haben nur wenig ausgegeben.
Das Geld wurde versteckt und die Karte dazu wurde auf den Hintern von Gottharts Sohn tätowiert. Dessen Sohn hatte vier Kinder, welche ALLE in reichere Schichten heirateten. Alle vier bekamen je ein viertel der Karte auf den Hintern tätowiert, so dass man nur zum Schatz fand wenn man alle vier Hintern hatte.
Tätowiert wurde über die Jahrhunderte zwar immer noch, aber die Familienmitglieder verloren sich wie die Foscari aus den Augen.
Otrabe deutet auf den Betrunkenen auf dem Wagen.
Er ist tätowiert. Ich habe den zweiten Teil der Karte hinten drauf und ich meine dass Du, Marco auch tätowiert bist.
Wer ist Nummer Vier? Kennst Du jemanden? Ich meine diese Theatervorstellungen drücken ja auf die Blase. Hast Du da mal was sehen können?

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Marco Foscari
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Marco Foscari »

Tätowierungen sind im Seitenzweig der Foscari del Leone verpönt. Als Leone der Jüngere zur See fahren wollte, und sich etwas stechen wollte, hat ihm sein Vater - Leone der Ältere - mit Enterbung gedroht. Du irrst dich, ich trage demnach keine Tätowierung, habe demnach auch nicht vor, dieser Neumode nachzuhängen.

erklärt er in leicht arrogantem Tonfall. Lattepizzicato flüstert indes mit vorgehaltener Hand zum Krampus

Er hat eine irre Angst vor Nadeln, das ist die Wahrheit.

Foscari räuspert sich

Was unseren werten Onkel Enrico del Cavallo angeht ...

er macht eine Handbewgeung in der Luft

So ist das sehr leicht zu erklären. Unser Großvater Tiberio hat dreimal geheiratet. Enrico entstammt der dritten Ehe mit Riccarda Beluva - einer Familie mit viel Landbesitz aus der Gegend von Castiglione - und war das einzige männliche Kind. In diesem Fall wäre es also durchaus möglich, dass hier die Verbindung über die mütterliche Linie zu suchen ist.

Er reibt sich mit der Hand am Kinn, überlegt eine Sekunde

Ich weiß, dass dir das vielleicht nicht weiterhelfen wird, aber ich glaube, ich kenne jemanden, der dir deutlich behilflicher sein kann, als ich es je könnte ...

Foscari schenkt ihm einen interessierten Blick

Kennst du den Cafetier?
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Otrabe Krampus »

Du willst mich doch nur loswerden! Und ich wette dass bei dir auch eine Tätowierung ist.
Otrabe drückt dem Diener heimlich eine Münze in die Hand.

Guck nach wenn er wieder mal vom Wein betrunken einschläft, da ist bestimmt was. Womöglich genau dort wo selten die Sonne scheint.
Danach wendet er sich wieder dem Foscari zu.
Äh, nein den Cafetier kenne ich nicht, meinst du wirklich der weiß was? Aber nein Moment ich muss den Dienst antreten. Die Laternen...

Ich wünsche euch beiden und unserem Onkel noch einen geruhsamen Heimweg. Es war angenehm mit euch zu sprechen. Ich melde mich wegen der Sache wieder.
Cafetier ...

Er zieht seinen Hut, verbeugt sich höflich vor Marco und geht los um die Lampen anzuzünden.

Früher war er anders, er wird immer menschenscheuer...

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Marco Foscari
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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Marco Foscari »

Lattepizzicato beißt auf die Münze, ob sie echt ist, nickt dann.

Abgemacht.

Foscari, der die Unterhaltung zwischen den beiden nicht mitbekommt, meint dann nur, als er kurz auf den Cafetier zu sprechen kommt:

Es ist die naheliegendste Wahl. Ich würde ja nie im Leben einen Fuß in das Kaffeehaus setzen - man würde nur merkwürdige Blicke wechseln, einen Reaktionär in der Hochburg des Liberalismus zu finden, und lange halte ich es in San Paolo sowieso nie aus. Aber wenn es jemanden gibt, der dir weiterhelfen kann, dann ein anderer Suppenpapagei. Die Tiere werden außergewöhnlich alt. Vielleicht weiß er mehr über die Familie ...

deutet er an - und fühlt sich etwas übertölpelt, als der Nachtwächter sich wieder an seinen Dienst erinnert

Sehr angenehm, werter Cousin, man trifft sich. Auf bald!

Als der Krampus sich verabschiedet hat, wendet er sich an den Diener.

Dasselbe gilt für uns. Wir sind schon viel zu spät dran. Für einen Dogenberater wird die Arbeit nicht weniger. Winkt doch bitte nach einer Kutsche.

Woraufhin die beiden ebenfalls die Szenerie verlassen.
In dem Moment, da sich der Staat von seinen kulturellen Fesseln löst – der Kirche, zivilen Institutionen, Sitten und Bräuchen – wendet sich nicht nur der Bauer gegen den Adligen, sondern auch der Arme gegen den Reichen; aus Gleichheit vor dem Recht pervertiert die Vorstellung sozialer Gleichheit. Zuletzt wendete sich gar der Idiot gegen das Genie, weil dieser das Verbrechen begangen hat, anders zu sein als er selbst. - Vittorio Barzoni

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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Otrabe Krampus »

Verlassen bleibt der Leichenwagen mit einem schnarchenden und unter Tüchern versteckten Enrico Foscari (Dem Pferd) zurück. Marco mag sich zwar aus dem Staub gemacht haben, aber er hat eben jenen Zettel nicht bemerkt, welchen Otrabe vorsorglich am Wagen befestigte. "Abzuliefern an Marco Foscari und dazu die komplette Adresse".

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Re: Die Straßen von San Paolo

Beitrag von Marco Foscari »

Es dauert etwas, bis Kutschenräder rollen. Lattepizzicato hat trotz des Andrangs am Opernhaus, wo nun jeder nach einer Mitfahrgelegenheit sucht, für seinen Herrn eine Kutsche ergattern können, die ihn zurück in die Città Antica bringen soll. Als der Peitschenknall in der Ferne verhallt, kommt der Diener zurück und besieht sich den Onkel.

Diese alte Saufnase. Kugelrund, die Knolle rot. Verstehe schon, dass sich der Herr nicht mit diesem Anblick weiter beschäftigen möchte. Was tut man nicht alles, um sich zu revanchieren!

spricht Lattepizzicato zu sich selbst, als er durch Fackelschein zum Wagen geht, klatscht in die Hände

Da ist mehr Foscari drin, als ein Foscari allein vertragen kann ...

Indes fährt die Kutsche des Herrn los
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