Die junge Dame mit dem großen Frühlingshut bleibt kurz vor dem Ausgang des Kaffehauses stehen. Es ist, als hätte sie irgendetwas vergessen. Sie hält sich den flachen Hand an den Mund.
War es die Casa Andromache oder die Casa Andromeda?
Es sind ganz leise, zu sich selbst gesprochene Töne. Aber zumindest Fetzen davon kann Chiodo verstehen. Was, das ist angesichts des Lärmes nur schwer festzustellen. Nachdenklich verlässt La Femme das Café, deckt sich noch etwas fester mit dem Umhang zu, so, als könnte sie darunter frieren.
Dann geht sie hinaus auf den Paulusplatz.
Beweisvernichtung
Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Wenn ein Mann seinem eigenen Ruin zustrebt, dann leistet ihm ein Gott Hilfe. - Aischylos
- Scipio Chiodo
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Ein älteres Ehepaar, dass der ins Wanken geratene Kellner nun ebenfalls umrundet bewegt sich endlich zur Seite an einen Tisch an dem es Platz nimmt. Und da, tatsächlich! Unmittelbar vor ihm steht die Gesuchte mit ihrem Kopfputz, hält für einen kurzen Augenblick nachdenklich inne.
Fast instinktiv will Scipio die Hand ausstrecken, sie an der Schulter festhalten, natürlich nur um sie anschließend festzunehmen.
Doch was tun?
Er hatte keine Beweise gegen sie, nichts in der Hand außer ihres verdächtigen Verhaltens. Sie jetzt festzuhalten wäre töricht. Er musste warten, würde versuchen sie noch zu verfolgen, doch er musste auch vorsichtig sein. Offenbar war er ihr bereits aufgefallen.
Von den gemurmelten Worten versteht Scipio im Treiben des Kaffeehauses fast nichts, doch ein Name fällt zweimal: Cassandro.
Als die junge Frau weiter eilt, setzt der Carabiniere ihr nach. Mit zügigen Schritten schlängelt er sich hinter ihr durchs Gedränge, muss jedoch plötzlich anhalten, als ein Kellner mit einem Servierwagen voller über und über mit Sahne bedeckten Torten seinen Weg kreuzt. Über Sahnehäubchen und Zierkirschen hinweg, sieht er noch, wie sie mit ihrem grazielen Körper durch die Eingangstüre nach außen verschwindet.
Verdammt.
Eine halbe Ewigkeit dauert es, bis auch der Wagen sich einen Weg durchs Gedränge gebahnt hat und Chiodo endlich seinen eigenen fortsetzen kann. Als er in das helle Tageslicht auf dem Paulusplatz tritt, ist entsprechend von der Frau in Beige nichts mehr zu sehen.
Chiodo ballt aufrecht auf dem Platz stehend die Fäuste neben der Hüfte, atmet einmal tief durch.
Ein anderes mal...
Fast instinktiv will Scipio die Hand ausstrecken, sie an der Schulter festhalten, natürlich nur um sie anschließend festzunehmen.
Doch was tun?
Er hatte keine Beweise gegen sie, nichts in der Hand außer ihres verdächtigen Verhaltens. Sie jetzt festzuhalten wäre töricht. Er musste warten, würde versuchen sie noch zu verfolgen, doch er musste auch vorsichtig sein. Offenbar war er ihr bereits aufgefallen.
Von den gemurmelten Worten versteht Scipio im Treiben des Kaffeehauses fast nichts, doch ein Name fällt zweimal: Cassandro.
Als die junge Frau weiter eilt, setzt der Carabiniere ihr nach. Mit zügigen Schritten schlängelt er sich hinter ihr durchs Gedränge, muss jedoch plötzlich anhalten, als ein Kellner mit einem Servierwagen voller über und über mit Sahne bedeckten Torten seinen Weg kreuzt. Über Sahnehäubchen und Zierkirschen hinweg, sieht er noch, wie sie mit ihrem grazielen Körper durch die Eingangstüre nach außen verschwindet.
Verdammt.
Eine halbe Ewigkeit dauert es, bis auch der Wagen sich einen Weg durchs Gedränge gebahnt hat und Chiodo endlich seinen eigenen fortsetzen kann. Als er in das helle Tageslicht auf dem Paulusplatz tritt, ist entsprechend von der Frau in Beige nichts mehr zu sehen.
Chiodo ballt aufrecht auf dem Platz stehend die Fäuste neben der Hüfte, atmet einmal tief durch.
Ein anderes mal...
Wo viel verloren wird, ist manches zu gewinnen. - Johann Wolfgang von Goethe
- Campari
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Der Abend bricht im Kaffeehaus an. Der Cafetier hängt mit seinem Schnabel einige Kaffetassen und Kannen auf Henkeln hinter der Theke auf. Campari trällert dabei fröhlich vor sich hin.
Le despotisme expirera,
La liberté triomphera,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira!
Der Vogelsang wird allerdings jäh unterbrochen.
Meiste' Campa'i?
Der wuchtige Afrikaner stellt sich vor den Vogel. Der arbeitet in dessen Schatten ungestört weiter.
Ah, mein bester Juanino! Gleich, gleich, ich muss noch mein Marie-Antoinette-Gedächtnis-Service ordnen.
Der Vogel nimmt ein winziges Tässchen in den Schnabel. Der Rand ist in den Farben der französischen Trikolore gehalten. Als Tassenmuster ist eine Guillotine abgebildet, die eine Brioche köpft.
Der Afrikaner ist etwas ungehalten.
Wi' haben ein Sims-P'oblem.
Campari sieht etwas irritiert drein. Er setzt die Tasse wieder ab.
Ein Po'blem?
P'oblem! korrigiert der entlassene Sklave.
Der Cafetier scheint nicht ganz zu verstehen und vermutet einen obszönen Scherz.
Geht es um eine Frau?
Nein. Sims! Ein P'oblem auf dem Sims!
Welcher Po hat denn auf dem Sims ...
Der Afrikaner aus der Karibik geht sich mit der flachen Hand durchs Gesicht. Dann reißt er sich zusammen, und teilt Campari die Vorkomnisse auf der Kanalseite des Cafés mit.
Campari sieht, als er die Neuigkeiten hört, alles andere als amüsiert aus.
Le despotisme expirera,
La liberté triomphera,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira!
Der Vogelsang wird allerdings jäh unterbrochen.
Meiste' Campa'i?
Der wuchtige Afrikaner stellt sich vor den Vogel. Der arbeitet in dessen Schatten ungestört weiter.
Ah, mein bester Juanino! Gleich, gleich, ich muss noch mein Marie-Antoinette-Gedächtnis-Service ordnen.
Der Vogel nimmt ein winziges Tässchen in den Schnabel. Der Rand ist in den Farben der französischen Trikolore gehalten. Als Tassenmuster ist eine Guillotine abgebildet, die eine Brioche köpft.
Der Afrikaner ist etwas ungehalten.
Wi' haben ein Sims-P'oblem.
Campari sieht etwas irritiert drein. Er setzt die Tasse wieder ab.
Ein Po'blem?
P'oblem! korrigiert der entlassene Sklave.
Der Cafetier scheint nicht ganz zu verstehen und vermutet einen obszönen Scherz.
Geht es um eine Frau?
Nein. Sims! Ein P'oblem auf dem Sims!
Welcher Po hat denn auf dem Sims ...
Der Afrikaner aus der Karibik geht sich mit der flachen Hand durchs Gesicht. Dann reißt er sich zusammen, und teilt Campari die Vorkomnisse auf der Kanalseite des Cafés mit.
Campari sieht, als er die Neuigkeiten hört, alles andere als amüsiert aus.
Die Verteidiger der Freiheit werden immer nur Geächtete sein, solange eine Horde von Schurken regiert! - Maximilien de Robbespierre
- Campari
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Am Samstagmittag herrscht Hochbetrieb im Kaffeehaus. Das Milieu aus der Akademie und den verschiedenen Kulturstätten kommt an diesem Wochentag noch zahlreicher als sonst, manche bleiben bis zum späten Nachmittag hier, um dann ins Theater, die Oper oder zu Abendgesellschaften zu gehen. Für Campari einer der lukrativsten Tage - und einer, an denen er noch mehr als sonst selbst ins Geschehen eingreift.
Tabakrauch vermischt sich mit Kaffeeduft. Der Cafetier flattert mit einer zierlichen Tasse zu einer Philosophin, schüttet einen Schuss Milch mit Kännchen nach, reüssiert für eine Weile über die Vorteile demokratisch-meritokratischer Staatsformen und darüber, dass Kaffeegenuß, Zivilisation und Demokratisierung ineinander verzahnte Erscheinungen des Fortschritts seien. Zusammen mit seinem Cousin Spritz bringt er ein Tablett mit Gelee und Erdbeertörtchen zu einer Herrengruppe aus dem Debattierclub vom Fondamento Brindisi; nicht ohne ein paar Zitate aus Diderots Encyclopédie zum Besten zu geben, um die Vergesslichkeit des Debattenführers zu kaschieren, als dieser sie nicht mehr richtig aufsagen kann.
In einer Raucherecke sitzen drei Frauen mit extravaganten Hüten und demonstrativ an ihre Kleider geheftete Kokarden in den französischen Nationalfarben. Sie haben die Köpfe in die neue "Marianne" gesteckt. Das Revolutionsblättchen für die mutige Freiheitskämpferin von morgen macht mit einer Schlagzeile auf, die man auch an den Nachbartischen sehen kann: "Männer opfern, um Menschen zu retten". Wie immer war das Blatt spontan erschienen - und wie immer hatte Campari seine besonderen Kanäle, dass die freisinnige Gesellschaft ihr Blatt hier bekam, bevor man es woanders auftauchen sah. Einigen Hausgästen erlässt der Papagei aus Menschenfreundschaft auch die Zeitungsgebühr.
Zufrieden fliegt er seine Runde durch die Räume, beobachtet, wie das gastronomische Uhrwerk rattert. Kellner tischen auf und räumen ab; Kaffee dampft über den Tassen, Gabeln klackern auf Tellerchen, woanders verschwinden Tassen und Schalen in der Küche, rauscht das Wasser, putzen Tücher über Porzellan. Jemand wirft Campari ein Trinkgeld zu, er fängt es mit dem Schnabel auf, steckt es in die Brieftasche seiner Weste, an dem jeder einzelne Goldknopf im Licht eines Spiegels gänzt.
Grazie mille. Wünsche einen angenehmen Tag - und bis bald!
Kurz betrachtet sich der Vogel augenscheinlich im Spiegel, um seinen Dreispitz zurechtzurücken. In Wirklichkeit nutzt er die Reflexion, um zu sehen, ob auch alle Gäste hinter ihm zufrieden sind und entsprechend bedient werden.
Campari war der festen Überzeugung, dass jemand, der ein Kaffeehaus nicht ordentlich führen konnte, sich auch kaum dafür qualifizierte, eine Revolution anzuführen.
Tabakrauch vermischt sich mit Kaffeeduft. Der Cafetier flattert mit einer zierlichen Tasse zu einer Philosophin, schüttet einen Schuss Milch mit Kännchen nach, reüssiert für eine Weile über die Vorteile demokratisch-meritokratischer Staatsformen und darüber, dass Kaffeegenuß, Zivilisation und Demokratisierung ineinander verzahnte Erscheinungen des Fortschritts seien. Zusammen mit seinem Cousin Spritz bringt er ein Tablett mit Gelee und Erdbeertörtchen zu einer Herrengruppe aus dem Debattierclub vom Fondamento Brindisi; nicht ohne ein paar Zitate aus Diderots Encyclopédie zum Besten zu geben, um die Vergesslichkeit des Debattenführers zu kaschieren, als dieser sie nicht mehr richtig aufsagen kann.
In einer Raucherecke sitzen drei Frauen mit extravaganten Hüten und demonstrativ an ihre Kleider geheftete Kokarden in den französischen Nationalfarben. Sie haben die Köpfe in die neue "Marianne" gesteckt. Das Revolutionsblättchen für die mutige Freiheitskämpferin von morgen macht mit einer Schlagzeile auf, die man auch an den Nachbartischen sehen kann: "Männer opfern, um Menschen zu retten". Wie immer war das Blatt spontan erschienen - und wie immer hatte Campari seine besonderen Kanäle, dass die freisinnige Gesellschaft ihr Blatt hier bekam, bevor man es woanders auftauchen sah. Einigen Hausgästen erlässt der Papagei aus Menschenfreundschaft auch die Zeitungsgebühr.
Zufrieden fliegt er seine Runde durch die Räume, beobachtet, wie das gastronomische Uhrwerk rattert. Kellner tischen auf und räumen ab; Kaffee dampft über den Tassen, Gabeln klackern auf Tellerchen, woanders verschwinden Tassen und Schalen in der Küche, rauscht das Wasser, putzen Tücher über Porzellan. Jemand wirft Campari ein Trinkgeld zu, er fängt es mit dem Schnabel auf, steckt es in die Brieftasche seiner Weste, an dem jeder einzelne Goldknopf im Licht eines Spiegels gänzt.
Grazie mille. Wünsche einen angenehmen Tag - und bis bald!
Kurz betrachtet sich der Vogel augenscheinlich im Spiegel, um seinen Dreispitz zurechtzurücken. In Wirklichkeit nutzt er die Reflexion, um zu sehen, ob auch alle Gäste hinter ihm zufrieden sind und entsprechend bedient werden.
Campari war der festen Überzeugung, dass jemand, der ein Kaffeehaus nicht ordentlich führen konnte, sich auch kaum dafür qualifizierte, eine Revolution anzuführen.
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- Davide del Bosco
- Orgelt auf den Tasten der Reaktion
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- Stadtteil: Città Antica
- Schicht: Cittadino
- Beruf: Organist an San Leone
- Gesinnung: Reaktionär
Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Davide del Bosco fühlte sich in San Paolo nicht wohl, soviel stand fest. Es war nur seinem Pflichtbewußtsein geschuldet, dass er der Bitte seines Kollegen von San Paolo Folge leistete und die Traktur der dortigen Orgel nachregulierte.
Eigentlich gehört sowas zum Handwerkszeug eines jeden Organisten, aber die jungen Kollegen wollen ja alle nur wie Mozart und Abbè Vogler die Welt bereisen und berühmt sein. Vom Handwerk eines Organisten, eines Kirchenmusikers, verstanden sie nur noch sehr wenig.
Kleine Reparaturen selbstständig ausführen? Fehlanzeige.
Zur Liturgie würdig extemporiren? Ha, nicht im Traum.
Stattdessen rumpeln sie Schlachtengemälde, die ihre empfindlichen Instrumente ruinieren, nur um den billigen Applaus nobler Dämchen und nichtsnutziger Bürgerlein einzuheimsen. Und wenn es dann Hänger gibt, dann ruft man den alten del Bosco, der sonst immer nur geschmäht wird als "alte Perücke". Jaja, so sind sie.
Davide del Bosco hatte sich jedoch überlegt, den Ausflug nach San Paolo mit einem Besuch in der Oper zu kombinieren um endlich einmal "Der Araber und die Bäckerin" zu hören. Jahrelang hatte er sich dagegen gesträubt, doch nach jahrelangen Empfehlungen seiner Bekannten hatte er sich breitschlagen lassen um es doch einmal zu wagen.
Die Vorstellung war allerdings erst in zwei Stunden (die Reparatur in San Paolo erwies sich als weitaus simpler als die Panik des hiesigen Kollegen vermuten ließ), sodass Davide nun mit der omnipräsenten Frage konfrontiert war: "Was tun?"
Er liebte das Viertel ja nicht, denn seinen Standesgenossen hier mangelte es an jeglichem Decorum und Pflichtbewußtsein. Insgeheim träumten sie wohl alle von "der Revolution," und glaubten diese würde aus ihnen allen plötzlich Edelleute machen. Pah, als wäre es ihre Kleidung und ihr Geldbeutel, die sie gewöhnlich machten! Und Gottesfurcht kannten die meisten von ihnen sowieso schon lange nicht mehr. Oh nein, mit diesen Leuten wollte Davide sich eigentlich nicht umgeben. Zugegeben, die Nobili der Citta Antica waren auch nur noch in den seltensten Fällen würdige Nachkommen ihrer bedeutenden Vorfahren, aber zumindest glaubten sie in den meisten Fällen noch an die gottgewollte Ordnung auf Erden.
Angesichts all dieser Gefühle in del Bosco's Brust, erscheint es fast als eine göttliche Intervention, dass Davide sich - wenn auch widerwillig - dazu entschied im Kaffeehaus "degli Specchi" einzukehren, um sich bei einer Tasse Kaffee (und für diesen hatte er eine Schwäche!) die Zeit bis zur Oper zu vertreiben. Wahrscheinlich lag es daran, dass er auch auf der Piazza della Repubblica immer wieder gerne dem menschlichen Treiben zusah. So wollte er es, vielleicht instinktiv, auch einmal hier "im Feindesland" wagen.
Als Davide das Kaffeehaus betritt, fühlt er unweigerlich alle Augen auf ihn gerichtet. Das war wohl Einbildung, denn in der Wirklichkeit ignorierten ihn die meisten Gäste wohl, aber mit seiner schlichten und altmodischen Gewandung ragte er tatsächlich aus dem proto-revolutionären Ensemble heraus wie eine Fuge aus einer modernen Sonate. Sichtlich unangenehm berührt wagte er einige vorsichtige Schritte in die lärmende, ihm feindselig wirkende Umgebung. Als er noch zweifelte ob er nicht kehrt machen sollte, da grüßte ihn bereits der Eigentümer Campari und geleitete ihn zum letzten verbliebenen freien Tisch.
Einen Kaffee, bitte sagte Davide trocken, wenngleich nicht ohne Anstand, denn so sehr er das Ambiente verabscheute, so sehr respektierte er den Fleiß der arbeitenden Gastwirte.
Davide rutschte einige Minuten unruhig auf seinem Platz herum, bis er sich ein wenig mit der Situation abgefunden hatte. Mittlerweile hatte er seinen Kaffee erhalten, dankte, und begann sich langsam wie auf seinem Lieblingsplätzchen auf der Piazza zu fühlen. Er beobachtete eine Zeit einige junge Damen, die offensichtlich ihre Zeit mit neumodischem Schund zubrachten, in einer anderen Ecke saß eine Gruppe animiert Parolen skandierender Männer, und sogar einen Moren gab es hier!
Davide nippte an seinem Kaffee.
Mhm...
sagte Davide wohlwollend. Zumindest der Kaffee war gut.
Eigentlich gehört sowas zum Handwerkszeug eines jeden Organisten, aber die jungen Kollegen wollen ja alle nur wie Mozart und Abbè Vogler die Welt bereisen und berühmt sein. Vom Handwerk eines Organisten, eines Kirchenmusikers, verstanden sie nur noch sehr wenig.
Kleine Reparaturen selbstständig ausführen? Fehlanzeige.
Zur Liturgie würdig extemporiren? Ha, nicht im Traum.
Stattdessen rumpeln sie Schlachtengemälde, die ihre empfindlichen Instrumente ruinieren, nur um den billigen Applaus nobler Dämchen und nichtsnutziger Bürgerlein einzuheimsen. Und wenn es dann Hänger gibt, dann ruft man den alten del Bosco, der sonst immer nur geschmäht wird als "alte Perücke". Jaja, so sind sie.
Davide del Bosco hatte sich jedoch überlegt, den Ausflug nach San Paolo mit einem Besuch in der Oper zu kombinieren um endlich einmal "Der Araber und die Bäckerin" zu hören. Jahrelang hatte er sich dagegen gesträubt, doch nach jahrelangen Empfehlungen seiner Bekannten hatte er sich breitschlagen lassen um es doch einmal zu wagen.
Die Vorstellung war allerdings erst in zwei Stunden (die Reparatur in San Paolo erwies sich als weitaus simpler als die Panik des hiesigen Kollegen vermuten ließ), sodass Davide nun mit der omnipräsenten Frage konfrontiert war: "Was tun?"
Er liebte das Viertel ja nicht, denn seinen Standesgenossen hier mangelte es an jeglichem Decorum und Pflichtbewußtsein. Insgeheim träumten sie wohl alle von "der Revolution," und glaubten diese würde aus ihnen allen plötzlich Edelleute machen. Pah, als wäre es ihre Kleidung und ihr Geldbeutel, die sie gewöhnlich machten! Und Gottesfurcht kannten die meisten von ihnen sowieso schon lange nicht mehr. Oh nein, mit diesen Leuten wollte Davide sich eigentlich nicht umgeben. Zugegeben, die Nobili der Citta Antica waren auch nur noch in den seltensten Fällen würdige Nachkommen ihrer bedeutenden Vorfahren, aber zumindest glaubten sie in den meisten Fällen noch an die gottgewollte Ordnung auf Erden.
Angesichts all dieser Gefühle in del Bosco's Brust, erscheint es fast als eine göttliche Intervention, dass Davide sich - wenn auch widerwillig - dazu entschied im Kaffeehaus "degli Specchi" einzukehren, um sich bei einer Tasse Kaffee (und für diesen hatte er eine Schwäche!) die Zeit bis zur Oper zu vertreiben. Wahrscheinlich lag es daran, dass er auch auf der Piazza della Repubblica immer wieder gerne dem menschlichen Treiben zusah. So wollte er es, vielleicht instinktiv, auch einmal hier "im Feindesland" wagen.
Als Davide das Kaffeehaus betritt, fühlt er unweigerlich alle Augen auf ihn gerichtet. Das war wohl Einbildung, denn in der Wirklichkeit ignorierten ihn die meisten Gäste wohl, aber mit seiner schlichten und altmodischen Gewandung ragte er tatsächlich aus dem proto-revolutionären Ensemble heraus wie eine Fuge aus einer modernen Sonate. Sichtlich unangenehm berührt wagte er einige vorsichtige Schritte in die lärmende, ihm feindselig wirkende Umgebung. Als er noch zweifelte ob er nicht kehrt machen sollte, da grüßte ihn bereits der Eigentümer Campari und geleitete ihn zum letzten verbliebenen freien Tisch.
Einen Kaffee, bitte sagte Davide trocken, wenngleich nicht ohne Anstand, denn so sehr er das Ambiente verabscheute, so sehr respektierte er den Fleiß der arbeitenden Gastwirte.
Davide rutschte einige Minuten unruhig auf seinem Platz herum, bis er sich ein wenig mit der Situation abgefunden hatte. Mittlerweile hatte er seinen Kaffee erhalten, dankte, und begann sich langsam wie auf seinem Lieblingsplätzchen auf der Piazza zu fühlen. Er beobachtete eine Zeit einige junge Damen, die offensichtlich ihre Zeit mit neumodischem Schund zubrachten, in einer anderen Ecke saß eine Gruppe animiert Parolen skandierender Männer, und sogar einen Moren gab es hier!
Davide nippte an seinem Kaffee.
Mhm...
sagte Davide wohlwollend. Zumindest der Kaffee war gut.
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Campari wartet einen Moment ab, nachdem der unbekannte Gast seinen Platz genommen und den Kaffee probiert hat. Es ist ein geschäftiger Tag, aber der Papagei ist zu lange im Geschäft, als nicht jedes Detail genau zu beobachten. Das erste Detail war del Bosco selbst. Der Papagei hatte ein hervorragendes Gedächtnis. Er vergaß so gut wie niemanden, erinnerte sich sogar an Leute, die ihn vergessen hatten (was freilich selten vorkam, denn einen Suppenpapagei als Kaffeehausbesitzer mit exquisiten Kenntnissen der französischen Aufklärung vergaß man nicht so leicht).
Natürlich ist dem aufmerksamen Vogel nicht entgangen, dass der Unbekannte in etwa so gut in den Rahmen der Kaffeehausveranstaltung passt wie ein englischer Koch in eine französische Patisserie. Aber das Kaffeehaus war groß und lag an einer der besten Adressen. Am Paulausplatz gab es auch genügend Touristen der Grand Tour, die hier einen Tagesausflug machten - Campari hatte alles erlebt und er bediente jeden. Das hatte nicht einmal mit unternehmerischen Aspekten zu tun. Ein ungastliches Kaffeehaus braucht die Welt nicht. Campari wollte vielmehr, dass die Welt bei ihm Einzug hielt. Und ein Liberaler, der sich als Menschenfeind entpuppte, wirkte wenig attraktiv in Belangen der Revolution.
Nach Jahrzehnten der Kaffeehauserfahrung konnte er auch das Kundenprofil so einordnen, dass der neue Gast es wohl vorzog, eher zurückgezogen und ohne große Störungen seine Pause zu genießen. Das war ein sechster Sinn, wie ihn Gondelfahrer hatten. Die merkten auch recht schnell, ob die Kunden gesprächig waren, oder ihre Ruhe haben wollten. Für einen guten Cafetier galt dasselbe wie für einen guten Gondoliere: Schnabel halten, wenn der Kunde es wünscht.
Andererseits kann Campari sein Interesse nicht verstecken. Denn der Wille, alles doch etwas genauer zu wissen und jede Information zu haben, die ihm zur Verfügung stand, war eine Prämisse für seine weitergehenden Pläne. Er konnte es nicht riskieren, dass irgendwelche Beamten der Stadt seinen Laden inspizierten oder gar infiltrierten. Der Vorfall von gestern - das berühmte "Sims-Problem" - hatte ihn in seiner Ansicht bestärkt, dass man womöglich Spitzel auf ihn ansetzte. Jede Person, die mit dem Militär oder den Leonisten unter einer Decke steckte, bedeutete eine potenzielle Gefahr.
Und eins wusste Campari: wen auch immer er da neu als Gast gewonnen hatte - ein Liberaler war es nicht. Die gaben sich immer gleich erfreut, wussten, dass sie unter Gesinnungsgenossen waren und zeigten sich befreit. Selbst die reservierteren Kaliber ließen sich anmerken, dass sie jetzt ein Refugium gefunden haben. Del Bosco sieht dagegen so aus, als habe er ein Refugium verlassen.
Nachdem der Neue seine Tasse fast geleert hat, flattert der Vogel sachte wie ein leises Turteltäublein auf die Stuhllehne gegenüber und schaut zu del Bosco.
Darf ich Euch noch eine Tasse bringen?
Der Tonfall ist überfreundlich. Del Bosco sollte sich willkommen fühlen, gleich welcher Gesinnung er anhing, gleich wem er den Tod wünschte. Campari macht eine kurze Verneigung.
Ich hatte eben im Trubel kaum Zeit Euch willkommen zu heißen. Ich bin der hiesige Cafetier. Möchtet Ihr vielleicht auch noch etwas dazu? Vielleicht eine Süßspeise? Ein Stück Panforte? Kekse mit Zabaione? Abgebrannter Jakobiner auf Karamell?
Der Papagei sieht ihn gewinnend von der Seite an. Er will wissen, wie der Gast auf das letzte Angebot reagiert.
Natürlich ist dem aufmerksamen Vogel nicht entgangen, dass der Unbekannte in etwa so gut in den Rahmen der Kaffeehausveranstaltung passt wie ein englischer Koch in eine französische Patisserie. Aber das Kaffeehaus war groß und lag an einer der besten Adressen. Am Paulausplatz gab es auch genügend Touristen der Grand Tour, die hier einen Tagesausflug machten - Campari hatte alles erlebt und er bediente jeden. Das hatte nicht einmal mit unternehmerischen Aspekten zu tun. Ein ungastliches Kaffeehaus braucht die Welt nicht. Campari wollte vielmehr, dass die Welt bei ihm Einzug hielt. Und ein Liberaler, der sich als Menschenfeind entpuppte, wirkte wenig attraktiv in Belangen der Revolution.
Nach Jahrzehnten der Kaffeehauserfahrung konnte er auch das Kundenprofil so einordnen, dass der neue Gast es wohl vorzog, eher zurückgezogen und ohne große Störungen seine Pause zu genießen. Das war ein sechster Sinn, wie ihn Gondelfahrer hatten. Die merkten auch recht schnell, ob die Kunden gesprächig waren, oder ihre Ruhe haben wollten. Für einen guten Cafetier galt dasselbe wie für einen guten Gondoliere: Schnabel halten, wenn der Kunde es wünscht.
Andererseits kann Campari sein Interesse nicht verstecken. Denn der Wille, alles doch etwas genauer zu wissen und jede Information zu haben, die ihm zur Verfügung stand, war eine Prämisse für seine weitergehenden Pläne. Er konnte es nicht riskieren, dass irgendwelche Beamten der Stadt seinen Laden inspizierten oder gar infiltrierten. Der Vorfall von gestern - das berühmte "Sims-Problem" - hatte ihn in seiner Ansicht bestärkt, dass man womöglich Spitzel auf ihn ansetzte. Jede Person, die mit dem Militär oder den Leonisten unter einer Decke steckte, bedeutete eine potenzielle Gefahr.
Und eins wusste Campari: wen auch immer er da neu als Gast gewonnen hatte - ein Liberaler war es nicht. Die gaben sich immer gleich erfreut, wussten, dass sie unter Gesinnungsgenossen waren und zeigten sich befreit. Selbst die reservierteren Kaliber ließen sich anmerken, dass sie jetzt ein Refugium gefunden haben. Del Bosco sieht dagegen so aus, als habe er ein Refugium verlassen.
Nachdem der Neue seine Tasse fast geleert hat, flattert der Vogel sachte wie ein leises Turteltäublein auf die Stuhllehne gegenüber und schaut zu del Bosco.
Darf ich Euch noch eine Tasse bringen?
Der Tonfall ist überfreundlich. Del Bosco sollte sich willkommen fühlen, gleich welcher Gesinnung er anhing, gleich wem er den Tod wünschte. Campari macht eine kurze Verneigung.
Ich hatte eben im Trubel kaum Zeit Euch willkommen zu heißen. Ich bin der hiesige Cafetier. Möchtet Ihr vielleicht auch noch etwas dazu? Vielleicht eine Süßspeise? Ein Stück Panforte? Kekse mit Zabaione? Abgebrannter Jakobiner auf Karamell?
Der Papagei sieht ihn gewinnend von der Seite an. Er will wissen, wie der Gast auf das letzte Angebot reagiert.
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- Davide del Bosco
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Das Angebot des Cafetiers brachte Del Bosco in eine Zwangslage. Nun musste er reden, dabei hatte er doch gerade das vermeiden wollen. Angesichts der Atmosphäre in seinem Etablissement musste der Cafetier zumindest gewisse Sympathien für dieses revolutionäre Getue hegen, doch andererseits schenkte er guten Kaffee und ging seiner Tätigkeit als Gastherr pflichtbewusst nach. In solchen Momenten erinnerte sich Davide der Worte seines Großonkels Guglielmo, der immer sagte: "Alles ist gleich schwer, es geht nur darum es gut zu machen."Campari hat geschrieben: ↑Montag 13. Juni 2022, 22:36Ich hatte eben im Trubel kaum Zeit Euch willkommen zu heißen. Ich bin der hiesige Cafetier. Möchtet Ihr vielleicht auch noch etwas dazu? Vielleicht eine Süßspeise? Ein Stück Panforte? Kekse mit Zabaione? Abgebrannter Jakobiner auf Karamell?
Der Papagei sieht ihn gewinnend von der Seite an. Er will wissen, wie der Gast auf das letzte Angebot reagiert.
Dieser Gedanke stimmte Davide etwas milder gegenüber dem Vogel, sodass er sich zusammennahm um ihm trotz der Aversion gegen den vorherrschenden Geist mit Anstand zu begegnen.
Dieser gesamte Prozess nahm wohl einige Sekunden in Anspruch, wenngleich sie sich wie Minuten anfühlten. In dieser Zeit hatte er den Cafetier fast regungslos angestarrt, nur seine Miene hatte sich im Zuge der Gedanken etwas entspannt. Endlich antwortete er ihm:
Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft, werter Vogel. Euer Kaffee ist tatsächlich exquisit. Doch auf Eure Süßspeisen werde ich wohl verzichten müssen. Schlimm genug von so vielen Jakobinern umgeben zu sein, da muss ich sie bei Leibe nicht auch noch in mir haben!
Davide amüsierte sich über seinen allmonatlichen Anflug von Humor und blickte selbstgenügsam, wie Menschen es nach einem vermeintlich guten Witz zu tun pflegen, um sich herum, in der törichten Erwartung er könnte damit Beifall ernten.
- Campari
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Re: Das Kaffeehaus „Caffè degli Specchi“
Davon ist mit Sicherheit abzuraten. So mancher Jakobiner soll einem schon im Magen liegen geblieben sein.
Der Papagei lacht in einer Tonlage, die der del Boscos ähnelt. Als Papagei kann er schließlich nicht nur Stimmen, sondern auch Gesten imitieren.
Mit nichts anderem hat Campari gerechnet. Ein Fossil hatte sich in seinen Spiegelsaal verirrt, aber Kunde war Kunde. Solange er keinen Ärger machte, war alles in Ordnung. Eine akute Gefahr kann Campari nicht in ihm erkennen. Auch, wenn er dem levantinischen Kaffeeträger gleich ein Zeichen geben würde, ihn dennoch etwas im Auge zu behalten, insbesondere, wenn er sich Notizen machen sollte.
Ihr könnt Euch auch gerne an den Zeitungen bedienen. Wir haben auch den Corriere und die Sera.
Die gemäßigt-konservativen Blätter führte das Kaffeehaus. Man sah in ihnen keine Bedrohung. Wohlgenährte, gemütliche Relikte aus der Zeit der Patrizierdogen, die gerne in die 1780er zurückwollten, konnten die Revolution nicht aufhalten. Den Serenissimo führte man dagegen nicht. Dabei war nicht einmal Intoleranz seinerseits das Problem. Vielmehr führte es zu Unmut. Wenn die anderen Gäste sahen, dass jemand den Serenissimo las, dann führte das zu Ärger, Anfeindungen, eben eine unnötig aufgeladene Atmosphäre.
Wünsche noch einen angenehmen Aufenthalt. Ich muss leider los, man erwartet meine Anwesenheit beim Billardspiel im Obergeschoss.
Er tippt sich an den Dreispitz zum Abschied, flattert davon. Die Frage, wie ein nur ein paar dutzend Zentimeter großer Papagei Billard spielen kann, gehörte zu den ungelüfteten Geheimnissen des Kaffeehauses.
Doch kaum ist der Cafetier weg, da breitet sich eine gewisse Unruhe im Haus aus. An einem Rundtisch, an dem der Debattierclub vom Fondamento Brindisi die Tassen hebt, stimmt man sich offenbar schon auf den zukünftigen Fortschritt in politischen Belangen ein.
Die Trikolore soll schon über Imperia hängen, haben sie gesagt. sagt ein Professor mit Perücke
Eine Tasse auf diesen Korsen. lobt ein Apotheker mit Spitzenhandschuhen
Le despotisme expirera,
La liberté triomphera,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira! frohlockt ein französischstämmiger Philosoph
Der Papagei lacht in einer Tonlage, die der del Boscos ähnelt. Als Papagei kann er schließlich nicht nur Stimmen, sondern auch Gesten imitieren.
Mit nichts anderem hat Campari gerechnet. Ein Fossil hatte sich in seinen Spiegelsaal verirrt, aber Kunde war Kunde. Solange er keinen Ärger machte, war alles in Ordnung. Eine akute Gefahr kann Campari nicht in ihm erkennen. Auch, wenn er dem levantinischen Kaffeeträger gleich ein Zeichen geben würde, ihn dennoch etwas im Auge zu behalten, insbesondere, wenn er sich Notizen machen sollte.
Ihr könnt Euch auch gerne an den Zeitungen bedienen. Wir haben auch den Corriere und die Sera.
Die gemäßigt-konservativen Blätter führte das Kaffeehaus. Man sah in ihnen keine Bedrohung. Wohlgenährte, gemütliche Relikte aus der Zeit der Patrizierdogen, die gerne in die 1780er zurückwollten, konnten die Revolution nicht aufhalten. Den Serenissimo führte man dagegen nicht. Dabei war nicht einmal Intoleranz seinerseits das Problem. Vielmehr führte es zu Unmut. Wenn die anderen Gäste sahen, dass jemand den Serenissimo las, dann führte das zu Ärger, Anfeindungen, eben eine unnötig aufgeladene Atmosphäre.
Wünsche noch einen angenehmen Aufenthalt. Ich muss leider los, man erwartet meine Anwesenheit beim Billardspiel im Obergeschoss.
Er tippt sich an den Dreispitz zum Abschied, flattert davon. Die Frage, wie ein nur ein paar dutzend Zentimeter großer Papagei Billard spielen kann, gehörte zu den ungelüfteten Geheimnissen des Kaffeehauses.
Doch kaum ist der Cafetier weg, da breitet sich eine gewisse Unruhe im Haus aus. An einem Rundtisch, an dem der Debattierclub vom Fondamento Brindisi die Tassen hebt, stimmt man sich offenbar schon auf den zukünftigen Fortschritt in politischen Belangen ein.
Die Trikolore soll schon über Imperia hängen, haben sie gesagt. sagt ein Professor mit Perücke
Eine Tasse auf diesen Korsen. lobt ein Apotheker mit Spitzenhandschuhen
Le despotisme expirera,
La liberté triomphera,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira! frohlockt ein französischstämmiger Philosoph
Die Verteidiger der Freiheit werden immer nur Geächtete sein, solange eine Horde von Schurken regiert! - Maximilien de Robbespierre
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