Das Ballhaus „Stravaganza“

Die Insel in der Mitte Palatinas ist die Heimat des vermögenden Bürgertums und niederen Nobili. Geographisch immer noch der Kern Palatinas, hat die Neustadt ihre Bedeutung als Stadtzentrum verloren. Anders als die übrigen Viertel ist es keiner Ideologie zuzuordnen und gilt noch am ehesten als Refugium des normalen Stadtlebens.
Antworten
Benutzeravatar
Die Signoria
Im Namen der Republik
Im Namen der Republik
Beiträge: 100
Stadtteil: Città Antica
Gesinnung: Reaktionär

Das Ballhaus „Stravaganza“

Beitrag von Die Signoria »

Das Ballhaus „Stravaganza“ an der Via d'Oro

Bild

Etwa um das Jahr 1741 sah die palatinische Gesellschaft ein, dass es neben den zwei Ballspielhäusern, der neuen Oper, dem neuen Theater, zwei Casinos und vier Palii im Jahr – kaum eine Unterhaltungsmöglichkeit in der Stadt gab. Um diesem Missstand abzuhelfen berief der Doge Riccardo Tagliatelle eine Kommission ins Leben, die in der Nähe des Casinos „Primero“ einen ähnlich großen Bau am Ende der Via d’Oro planen sollte. Der Auftrag wurde an Privatleute delegiert, die anschließend mit dem Ballhaus verfahren konnten wie sie wollten; die Stadt war dazu gezwungen, diese Konzession anzunehmen, da sie schon damals knapp bei Kasse war.

Die Bauphase dauerte aufgrund des Großen Bebens von 1743 länger an als gedacht. Einige Palatiner deuteten das Ereignis bereits als Strafe für den sorglosen wie dekadenten Lebensstil der Stadt und als mögliches Omen, welches das Ballhaus verunmöglichen sollte. Erst der Doge Ambrogio di Borghetto konnte das Haus einweihen und taufte es auf den Namen „Stravaganza“. Er führte die Tradition ein, dass der Karneval am Jahresende mit einem Abschlusswalzer in diesem Haus beendet werden sollte, und zugleich der erste Walzer des Neuen Jahres nochmals hier stattfinden sollte. Die Feierlichkeiten am 28. Februar und am 1. März sind seitdem zu einem festen Bestandteil des palatinischen Festkalenders geworden.

Doch auch das restliche Jahr über wartet das Ballhaus mit Gala-Einladungen, großen Bällen zu allen wichtigen Festtagen und besonderen Veranstaltungen auf. Die Ausschweifungen haben so zugenommen, dass es nicht nur einen doppelten Walzer zum Jahreswechsel gibt, sondern auch zu Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt, Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt, Sankt Leo und zu Weihnachten. Trotzdem machen sich in Kulturzeitschriften Leser immer wieder Luft, dass es viel zu wenige Tanzveranstaltungen in Palatina gäbe, und überhaupt: die Zerstreuungsmöglichkeiten seien in dieser Stadt viel zu begrenzt. Es hat sich also seit 1741 wenig geändert …
Wissen Sie, warum die europäische Gesellschaft stirbt? Sie stirbt, weil sie vergiftet worden ist. Sie stirbt, weil Gott sie geschaffen hatte um mit der katholischen Substanz ernährt zu werden und weil Kurpfuscher ihr die rationalistische Substanz als Nahrung verabreicht haben. Die einzelnen Menschen können sich noch retten, weil sie sich immer retten können. Aber die Gesellschaft ist verloren, nicht deshalb, weil ihre Rettung eine radikale Möglichkeit an sich darstellt, sondern weil die Gesellschaft meiner Überzeugung nach ganz offenbar nicht gerettet werden will. - Juan Donoso Cortés

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast