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Das Ballhaus „Stravaganza“

Verfasst: Samstag 9. Mai 2020, 17:02
von Die Signoria
Das Ballhaus „Stravaganza“ an der Via d'Oro

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Etwa um das Jahr 1741 sah die palatinische Gesellschaft ein, dass es neben den zwei Ballspielhäusern, der neuen Oper, dem neuen Theater, zwei Casinos und vier Palii im Jahr – kaum eine Unterhaltungsmöglichkeit in der Stadt gab. Um diesem Missstand abzuhelfen berief der Doge Riccardo Tagliatelle eine Kommission ins Leben, die in der Nähe des Casinos „Primero“ einen ähnlich großen Bau am Ende der Via d’Oro planen sollte. Der Auftrag wurde an Privatleute delegiert, die anschließend mit dem Ballhaus verfahren konnten wie sie wollten; die Stadt war dazu gezwungen, diese Konzession anzunehmen, da sie schon damals knapp bei Kasse war.

Die Bauphase dauerte aufgrund des Großen Bebens von 1743 länger an als gedacht. Einige Palatiner deuteten das Ereignis bereits als Strafe für den sorglosen wie dekadenten Lebensstil der Stadt und als mögliches Omen, welches das Ballhaus verunmöglichen sollte. Erst der Doge Ambrogio di Borghetto konnte das Haus einweihen und taufte es auf den Namen „Stravaganza“. Er führte die Tradition ein, dass der Karneval am Jahresende mit einem Abschlusswalzer in diesem Haus beendet werden sollte, und zugleich der erste Walzer des Neuen Jahres nochmals hier stattfinden sollte. Die Feierlichkeiten am 28. Februar und am 1. März sind seitdem zu einem festen Bestandteil des palatinischen Festkalenders geworden.

Doch auch das restliche Jahr über wartet das Ballhaus mit Gala-Einladungen, großen Bällen zu allen wichtigen Festtagen und besonderen Veranstaltungen auf. Die Ausschweifungen haben so zugenommen, dass es nicht nur einen doppelten Walzer zum Jahreswechsel gibt, sondern auch zu Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt, Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt, Sankt Leo und zu Weihnachten. Trotzdem machen sich in Kulturzeitschriften Leser immer wieder Luft, dass es viel zu wenige Tanzveranstaltungen in Palatina gäbe, und überhaupt: die Zerstreuungsmöglichkeiten seien in dieser Stadt viel zu begrenzt. Es hat sich also seit 1741 wenig geändert …