Die Herkunft der Familie Braccioleone ist nicht völlig geklärt. Sie tritt als bedeutendes Geschlecht erst im Laufe des späten 13. Jahrhunderts in Erscheinung, und es ist nicht mehr festzustellen, ob ihre Wurzeln in Palatina selbst oder im Umland liegen; auch ist nicht mehr zu rekonstruieren, ob sie aus dem Landadel stammt, oder einer reichen Kaufmannssippe entwuchs. Die Grundsubstanz dieses Palazzo lässt jedoch darauf deuten, dass ein erstes Haus der Braccioleone um 1300 an dieser Stelle fand. Da die Gegend um den Ratsplatz als besonders prestigeträchtig galt und bis heute zu den feinsten Adressen gehört, muss bereits zu diesem Zeitpunkt der soziale Stand enorm gewesen sein. Mit der Einheiratung in die Testabella-Sippe und der Beerbung derselben rückten die Braccioleone endgültig in die Ebene der Zwölf Familien. Der alte Testabella-Palast an der Hauptstraße blieb bis zu dessen Zerstörung im Jahr 1743 im Familienbesitz, doch verlor er spätestens ab dem späten 15. Jahrhundert seine Funktion.
Ursächlich dafür war die reichhaltige Umgestaltung und Erweiterung des Braccioleone-Palastes. War der Testabella-Palast bis dahin bei Weitem größer, so entschieden die Testabella-Braccioleone um 1500 eine grundlegene Erneuerung dieses Anwesens um ihn repräsentativer auszugestalten und dem neuen Geschmack der Renaissance anzugleichen. Der Testabella-Palast mit seiner gotischen Architektur entsprach nicht mehr den Bedürfnissen einer großen Nobile-Familie, die mit dem Beginn der Zweiten Republik wieder an Einfluss gewann. Ein zweiter Punkt war die komfortablere Lage des Braccioleone-Grundstückes, da in Richtung Hügel genügend Platz vorhanden war, um einen weitläufigen Garten anzulegen. Diese Möglichkeit blieb dem Testabella-Palast im Stadtzentrum verwehrt.
Der Braccioleone-Palast wurde in zehnjähriger Bauzeit in seiner Größe nahezu verdreifacht. Seine Grundform änderte sich dabei von einem Rechteck mit langer Fassade zur Straßenseite hin zu einem quadratischen Grundriss mit Innenhof und einem landläufigen Garten dahinter. Die Braccioleone ließen das Innere mit Fresken und Allegorien schmücken, die insbesondere die militärischen Erfolge der Familie hervorkehrten, sowie deren wichtige Bedeutung in der Geschichte der Republik. Gästen sollte sofort vorgeführt werden, dass Palatina ohne die Testabella-Braccioleone nicht das wäre, was es heute war. Hochgeschätzte Kunstwerke von Parmesano, Casazzino und anderen namhaften Größen sind zu bestaunen. Mit seinen Skulpturen und Malereien gilt der Palazzo Braccioleone damit als einer der größten Aufbewahrungsorte von zeitgenössischer Kunst in der Republik. Nur wenige andere Nobile-Geschlechter mögen da mithalten. Insbesondere unter Antea di Testabella e Braccioleone wurde die Kunstsammlung beträchtlich erweitert.
Der Palazzo ist einer der wenigen Familiensitze, die durchgängig genutzt und nie verlassen wurden. Anders als viele Nobili haben die Braccioleone die Stadt nie gegen das Landleben eingetauscht, ach nicht nach dem Erdbeben von 1743. Selbst, nachdem die Umgebung in Trümmern liegt, Gärten und verwilderte Anlagen das Gebiet prägen, erhebt sich das Anwesen wie ein strahlender Leuchtturm inmitten von rauer See und Felsen. Obwohl auch dieses Gebäude erheblich unter dem Beben litt, haben die Braccioleone es exakt so wieder aufbauen lassen, wie es vor dem Beben war: Stein für Stein, Scherbe für Scherbe, Dachpfanne für Dachpfanne. Dass die Braccioleone Palatina nie verließen, sollte den Einwohnern selbst in der Zeit der Patrizierdogen klar machen: diese Familie war da, blieb da und würde immer da sein.
Orientierung:
Keller: Gewölbe mit Weinvorräten und Zugang zu den Katakomben.
Erdgeschoss: Diverse Säle, Räume und andere Zimmer, die der Repräsentation und des Nobile-Lebens dienlich sind
Erstes Obergeschoss: Großer Ballsaal, Museum, Atelier, Musikzimmer
Zweites Obergeschoss: Schlafgemächer