Der Damenclub „Siracusa“


Das „Siracusa“ in der Città Antica gilt vielen als Pendant zum Herrenclub „Myra“ in der Città Nuova. Allerdings ist dieser Vergleich schief. Die Entstehung beider Institutionen steht in keinem Verhältnis. Handelt es sich beim Myra um einen Gentlemanclub, der sich im 18. Jahrhundert aus der Kaufmannsgilde herausgebildet hat, so besteht der Damenclub in seiner heutigen Form fast ohne Unterbrechung seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts. Schon damals trafen sich die Damen unter sich beim gemeinsamen Getränk und zum Klatsch und Tratsch. Während das Myra eher von Patriziern oder ebenbürtigen Männern besucht wird, die sich für Politik und Wirtschaft interessieren, ist der Damenclub in mancher Hinsicht exklusiver: er gilt vor allem als Treffpunkt der Nobildonne und ihrer Freundinnen – diese können aus allen Schichten stammen, so sie von einem Clubmitglied eingeladen werden. Und zuletzt: während es eine ganze Reihen von Herrenclubs in Palatina gibt, sind Damenclubs weitaus rarer gestreut.
Die Zeit vertreibt man sich mit Teezeremonien, Kakao- und Kaffeetrinken, im Mittelpunkt stehen eher Kunst, Kultur und Mode. Die Damen interessieren sich für Musik und Literatur, es gibt Aufführungen und Lesungen. Manche Treffen stehen auch unter besonderen Mottos. So gab eine Nobildonna einst das Motto „Orient“ aus, woraufhin sich alle Frauen für eine Woche in osmanischen Fantasiekostümen kleideten und die Innenausstattung einem Serail ähnelte. Ein anderes Mal war es „Altes Griechenland“, bei dem sogar gefordert wurde, nur noch in Altgriechisch zu reden. Es wäre allerdings zu oberflächlich, nähme man an, es handelte sich um pure Zerstreuung. Die Damen gehören der Elite an und machen einen Wettbewerb daraus, wer bei solchen Veranstaltungen „gewinnt“. Die jeweilige Gewinnerin spricht dann das nächste Motto aus.
Obwohl auch die Politik eine Rolle spielt, so macht sie nur einen Teil des Gesprächsstoffes aus. Für viele Damen gilt die Gesellschaft als Informationsort, der nicht nur Klatsch und Tratsch betrifft, sondern auch wichtige Abläufe im Leben der oberen Tausend. Die Damen repräsentieren daher nicht nur ihre Familien, sondern leiten auch gerne die eine oder andere Nachricht an ihren Gatten weiter.
Ansonsten zeigt sich das „Siracusa“ als ein an gemeinnützigen Zwecken interessierter Club, der etwa Benefizkonzerte, Spendensammlungen oder Sanierungen unterstützt. Kurz gesagt: die edlen Damen verprassen auch mal ganz gerne ein Vermögen, um die eigene Familie in den Vordergrund zu rücken.