Der Innenhof

Die große Zitadelle von Palatina ist der Hauptsitz des Esercito, des palatinischen Militärs. Sie dominiert San Pietro und gilt als Nachfolgerin der veralteten Fortezza. Die Waffenmanufaktur und der Exerzierplatz sind ihr angeschlossen, das Arsenale ist ein verlängerter Teil der Zitadelle und gilt als eigener Teil des Komplexes.
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Umberto del Leocorno
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Umberto del Leocorno »

13:24 Uhr! Doch so spät – die Verhandlungen haben sich also knapp dreieinhalb Stunden gezogen. Kein Wunder, dass Umberto der Magen knurrte. Ihr kennt nicht zufällig eine Taverne in der Nähe? Es muss nichts ausgefallenes sein, nur kochen sollte man können. Eine einfache Minestrone, Spaghetti oder vielleicht gar Knusperhermelin […] Naja für die Secundo Piatto kann ja weitergezogen werden. Erstmal den größten Hunger bekämpfen. Wie kann man nur so zeitvergessen sein. Wenigstens, so denkt sich Umberto, erinnert mich mein Bauchgefühl an die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Der restliche Tag ist frei von Terminen. Das heißt essen, essen, trinken, Zeit verplempern, essen, - und vielleicht für den Abend noch ein Amüsement finden.
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Matteo Salinguerra
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Matteo Salinguerra »

Matteo nickt zackig. Er klappt die Uhr wieder zu, steckt sie behutsam zurück, wie eine Geldbörse, in der das gesamte Vermögen seines Lebens liegt.

In der Tat, Ser.

Als Carabiniere gehörte man zu den Vorzeigeeinheiten der Stadt. Haltung und Vorbild! Und Matteo bewahrte beides bereitwillig. Er wusste nicht, wer der Herr war, aber er kam der Aufforderung freundlich nach, weil ein Soldat im Uniform in diesem Moment immer die ganze Armee repräsentierte. Und er würde korrekt und schnittig antworten.

Die Osteria "Sturione" liegt nicht weit von der Zitadelle weg. Ihr geht am besten am Arsenal raus. Dann rechts. Folgt der Straße bis zur Ersten links. Geradeaus, bis Ihr eine ganz kleine Seitengasse zur Rechten seht. Die führt genau auf die Eingangstür, könnt Ihr nicht übersehen, Ser.

Er hört sich die Speisen an, bestätigt, dass es dergleichen dort gibt - bis auf eine Ausnahme.

Knusperhermelin? ist Matteo verwundert - sein Vater hatte einmal von diesen Tieren erzählt, die aber schon bei dessen Einwanderung ausgestorben waren, und nur noch im Wappenschmuck der Stadt und einiger Nobili überlebten.

Das wäre mir neu, dass das auf der Speisekarte steht ...
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Enrico Albizzi
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Enrico Albizzi »

Mittlerweile haben vier eifrige Artilleristen das Paket auf einen herangeholten Munitionskarren mit davorgespanntem Pferd verladen. Sie werfen mehrere Planen darüber, die üblicherweise die Geschütze vor Feuchtigkeit schützen sollten. Sie verzurren diese an den Rändern des Karren, sodass von dem auffälligen Paket rein gar nichts mehr zu erkennen ist.

Schließlich schwingen sie sich mit auf den Karren, einer übernimmt die Leinen und setzt das Pferd in Bewegung.


Vorsicht! Platz da!

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Umberto del Leocorno
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Umberto del Leocorno »

Umberto rollte mit den Augen. Diese Militärs, immer so korrekt und völlig humorbefreit. Natürlich gibt es keine Knusperhermeline mehr. Dieses lukullische Vergnügen ist ohne Zweifel schon vor Generationen verspeist worden. 13:24 Uhr… halb zwei hätte als Auskunft ausgereicht. Aber die schneidige Wegbeschreibung konnte sich Umberto wenigstens einprägen. Er musterte den Burschen, der offenbar sehr erpicht darauf war, einen möglichst schneidigen Eindruck zu hinterlassen. Bestimmt ein junger Karrierist oder Emporkömmling. Vom Alter fast noch zu jung für das Tragen einer Uniform. Auch wenn sie selbst keinen Spaß verstehen, so sei ihm doch Spaß gegönnt; Umberto schlägt zackig die Hacken zusammen und wiederholt: Jawohl Osteria „Sturione“ – Beim Arsenal raus – Dann rechts – Straße folgen, dann links – Kleine Seitengasse rechts – Vielen Dank Herr… verdammt, jetzt musste Umberto doch die Form brechen,… entschuldigen Sie mein Herr, ich kenne mich mit den militärischen Dienstgraden und Gepflogenheiten nicht sonderlich aus. Wie darf ich Sie ansprechen? Auf jeden Fall war Umberto klar, dass die zu liefernden Stiefel laut klacken müssen – Eisenbleche an den Absätzen!
Platz da wird er jetzt angemault. Nein, dieser Kasernenhofton ist nichts für Umberto.
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Matteo Salinguerra
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Matteo Salinguerra »

Caporale Salinguerra, Ser. Das reicht.

Matteo hält die Form. Aber innerlich seufzt er laut durch. Er könnte davon ausgehen, dass er nur den Eindruck hätte, dass sich der Fremde über ihn lustig machte; aber er weiß, dass es sich nicht nur um einen Eindruck handelt, sondern dass dem wirklich so war. Natürlich, äffen wir einfach den Dreikäshoch nach. Darauf war mit Sicherheit noch niemand in seiner ganzen Dienstzeit gekommen.

Aber der Salinguerra hat gelernt, keine Miene zu verziehen. Wer in Santa Trinità aufgewachsen war, konnte marmorne Gesichtszüge aufsetzen. Man hatte vieles gesehen. Mehr, als mancher Erwachsene. Man behielt den lächelnden Gesichtsausdruck und spielte weiter, während im Hinterhof jemand wegen Schutzgeld erpresst und dann halbtot geprügelt wurde. Man sang vor sich Kinderreime hin, während jemand Blut spuckte. Gequältes Lächeln, das war keine Fratze, das war ein Lebensgefühl.

Und so schaut auch Matteo den Gatshaussuchenden freundlich lächelnd an.


Und ich hatte die Ehre mit ...?

fragt er höflich nach, während er mit einem gut geplanten Schritt zur Seite geht, da er den Karren frühzeitig erkannt hat
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Umberto del Leocorno
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Umberto del Leocorno »

Umberto versuchte in der Mine seines Gegenübers zu lesen. Aber da regte sich nichts, nicht mal ein Blinzeln. Man könnte meinen es wäre ein Gesicht wie in Granit geschlagen. Oder vielleicht in Marmor, weil es trotz allen noch so milchig wirkte. Ein leises Unbehagen stieg in Umberto auf. Was ist ein Caporale? War er vielleicht auch mit Ser anzureden? Vielleicht gar ein Nobile? Militäraristokratie? Salinguerra oder del Salinguerra? Nein – der Name war Umberto absolut unbekannt. Kein del, di, de oder sonstiges Attribut.
Umberto del Leocorno mein Caporale Salinguerra, Ser – jetzt war im doch ein Ser rausgerutscht – egal – zukünftiger Hoflieferant des palatinischen Esercito. Stiefel, Riemen, Gürtel, Lederwaren, et cetera.
Beim Aussprechen der Worte trat Umberto zwei Schritte zur Seite, um Platz zu machen.
Ist auf dem Kasernenhof immer so viel Betrieb? Gab es einen besonderen Anlass? Vielleicht eine Beförderung? Ich nehme an solche Geschenke sind eher unüblich. Was wohl in dem Paket verschnürt sein mag…
Umberto führt in der Hoffnung damit seine aufkommende Verunsicherung zu überspielen seine Pfeife erneut an den Mund und pafft. Die Verhandlungen hatten ihm doch zugesetzt. Eben knallhart, jetzt butterweich. Wie Butter, die in einer gußeisernen Pfanne erhitzt wird, um Speck und Knoblauch, Zwiebel und Petersilie anzuschwitzen. Umbertos Magen grummelt leise.
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Matteo Salinguerra
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Matteo Salinguerra »

Lieferant?

"Leocorno" - da klingt irgendetwas bei ihm. Was genau, weiß Matteo allerdings nicht. Aber er assoziierte irgendetwas damit. Gab es nicht ein Theater, das so hieß? Er ist sich unsicher. Aber was er mit Sicherheit sagen kann: der Mann gegenüber ihm war nicht nur aus der höheren Bürgerschicht. Auch wenn er sich so gesellig gab. Als kleiner Schuster wurde man nicht Lieferant für Tausende Soldaten.

Ich schätze, dann dürftet Ihr ziemlich gut verdienen. Der Verschleiß an Material ist hier sprichwörtlich. Und mancher wartet schon seit Monaten auf ein neues paar Stiefel, Ser Leocorno.

Das Militär war eine der effizientesten Organisationen in Palatina, aber die Armee wuchs unverhältnismäßig. Matteo war nicht der einzige Soldat aus den Armenvierteln San Pietros. Die Geburtenzahlen im Südwesten der Stadt wuchsen stetig, damit die Zahl der Arbeitslosen und damit wiederum die Zahl der potentiellen Rekruten. Einen Anwerbestopp gab es nicht.

Eigentlich läuft es hier sonst sehr geordnet ab. Also Tage, an denen nicht gerade ein riesiges Geschenk von vier Doppelellen Länge, verpackt in Leinenstoff mit goldblattfarbenen Punkten ... direkt vor der Kaserne der Artillerie abgestellt wird. Nein, das kommt wirklich seltener vor.
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Umberto del Leocorno
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Umberto del Leocorno »

Zunächst unschlüssig, ob er sich auf den von ihm begonnenen Small-Talk einlassen oder seinen Magenknurren nachgeben soll entscheidet sich Umberto seiner Neugier nachgebend für Ersteres:
Über das Geschäftliche kann ich nicht klagen. Falls ihr ein paar exquisite Schuhe braucht, dann seit ihr bei del Leocorno an der stets richtigen Adresse! Bequem und doch chique! Feinstes Schuhwerk für jeden Zweck! Aber genug der Eigenwerbung - Ich bin ja fast etwas beruhigt, dass nicht ich diesen Aufruhr zu verantworten oder, Gott bewahre, wieder unter Kontrolle zu bringen habe. Was mag denn wohl der Anlass für solch ein seltenes Ereignis sein? Verlobung? Eine Beförderung? Geburts- oder Namenstag eines höheren Offiziers? Für einen Bestechungsversuch wäre es nun doch reichlich wenig subtil. Oh weh, dies sollte ein Scherz sein, nicht das die Vokabel "Bestechungsversuch" ebenfalls bar jeden Humors verstanden wird...
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Matteo Salinguerra
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Matteo Salinguerra »

Oh, ich bin sicher, Ihr seid vom Fach - und schätze, dass ich mich bald selbst davon überzeugen kann!

meint Matteo eifrig. Er würde ja in absehbarer Zeit selbst ein Paar "Leocorno" zugestellt bekommen. So hoffte er jedenfalls. Die Pflege, mit der er seine Ausrüstung in Ehren hielt, würde das vielleicht etwas verzögern - aber sicherlich geschah das früher, als dass er im Laden des Patriziers auftauchen könnte, um sich selbst etwas auszusuchen. Dass ihm schlicht die Mittel fehlen, muss er ja nicht breittreten. Das wenige Geld, dass er anhäufte, konnte er nicht für Luxus verschwenden, wenn ihm dieser sowieso mittelfristig zugeteilt würde.

Soweit ich das mitbekommen habe, ist das Geschenk vom Braccioleone. Der Bruder eines hochrangigen Militärs. Keine Ahnung, was es für Verbindungen zwischen der Braccioleone-Familie und den Albizzi gibt.

zuckt er mit den Schultern. Der Carabiniere kennt natürlich Battista, der seine Einheit überhaupt erst ins Leben gerufen hat. Dass der aber einen Bruder hat, war ihm bis zur Geschenkgeschichte unbekannt gewesen. Manche Familien hatten eben exzentrische Mitglieder.

Vielleicht mag er ihn einfach?

spekuliert Matteo nachdenklich
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Umberto del Leocorno
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Re: Der Innenhof

Beitrag von Umberto del Leocorno »

Albizzi – die Bäckerfamilie? Umbertos Magen knurrt schon wieder. Zwar ist es um die Albizzis politisch etwas ruhiger geworden, als ob die jüngere Generation kleinere Brötchen bäckt, aber das Backwerk ist nach wie vor eine der kulinarischen Attraktionen Palatinas. Von Braccioleone? Interessant. Kann schon sein, dass sich die Familien mögen – aber das erscheint doch etwas übertrieben. Der Bursche scheint auch nicht mehr zu wissen, so dass Umbertos Neugier weitgehend unbefridiegt bleibt. Immerhin hat er zwei Namen und somit etwas Material für den unausweichlichen Klatsch und Tratsch der Republik. Nun wie dem auch sei... Mein Herr Caporale Salinguerra ich bedanke mich recht herzlich und wünsche noch Buona Giornata. Ich wiederhole: Osteria „Sturione“ – Beim Arsenal raus – Dann rechts - Dann links – Dann kleine Seitengasse erneut rechts!
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