I. Überlegt, wie sich Euer Charakter über Wasser hält
Nobili – das heißt: die adelsähnliche Oberschicht – beziehen Einkünfte aus ihren Landgütern und sind darüber abgesichert. Sie haben als einzige das Problem, dass sie eher zu viel als zu wenig freie Zeit haben und können sich deswegen solch unnützer Dinge wie Kultur und Politik zuwenden. Andererseits bleiben ihnen viele Aktivitäten des normalen Volks verborgen: Nobili gehen in keine verruchten Kneipen, treiben sich außerhalb politischer Pflichten nicht in Bereichen des Militärs herum und die meisten von ihnen scheuen revolutionär-freimaurerische Aktivitäten wie der Teufel das Weihwasser. So er nicht eine hohe Position in Militär oder Politik bekleidet, kann das Leben für einen Nobile manchmal sehr langweilig sein, sodass er sich in Dekadenz und Nihilismus verliert. Nobili dürfen an der Wahl des Senats teilnehmen.
Jeder Nicht-Nobile braucht einen echten Beruf. Die bürgerliche Oberschicht, die Patrizi, sind Kaufleute, Bankiers, Manufakturbesitzer, Schiffseigner oder Besitzer mehrerer Handwerksbetriebe. Sie unterscheiden sich von den anderen Bürgern (Cittadini) dadurch, dass sie das Parlament (früher: Großer Rat) mitwählen dürfen. Es handelt sich dabei immer noch um das wichtigste Gremium der Republik. Der Verfall der Wirtschaft hat auch hier Verwerfungen hinterlassen: es gibt reiche Cittadini, die kein Ratswahlrecht haben und Patrizi, die sich nur über geschickte Heiraten und Kredite gerade so über der Grenze des Einkommens halten können, damit sie ihren sozialen Stand nicht verlieren, der ihnen Ansehen und politischen Einfluss gegenüber der aufstrebenden Mittelschicht sichert.
Der Charakter Palatinas hat sich seit einem Jahrhundert stark von einer Handelsrepublik in Richtung einer Agrar- und Produktionsrepublik gewandelt. Die Briten haben den Mittelmeerhandel in der Hand, weswegen Händler und Bankiers an Bedeutung verloren haben. Die Stadt verdient einen nicht geringen Teil ihres Außenerlöses über Waffenexporte. Die Bergbauwirtschaft des Ansedonischen Gebirges hat an Bedeutung gewonnen und es gibt Anleihen an die frühe Industrialisierung – inklusive ihrer kapitalistischen wie sozialen Dimension. Die Dampfmaschine wurde Ende der 1780er aus Großbritannien eingeführt und wird in Bergwerken, Salinen sowie Textilbetrieben verwendet. Zwar gibt es im Königreich noch keine Eisenbahn, jedoch die ersten Eisenbahnschienen, auf denen Pferde Warenwaggons hinter sich herziehen. Aus Erfindern sind Ingenieure geworden, aus Alchemisten Wissenschaftler.
Indes sind Piraterie und Räubertum gänzlich beseitigt worden; die Meuchelmörderzunft hat sich bedingt durch die schlechtere Auftragslage seit 1700 aufgelöst. Überhaupt, die Zünfte und die große Gilde befinden sich in einer veritablen Krise, seitdem Auslandswaren und Manufakturproduktion die Marktpreise verschlechtert haben und damit die Lebenssituation der Handwerker massiv bedrohen. Stattdessen hat sich ein neuer Mittelstand gebildet, bestehend aus Ärzten, Volkswirten, Anwälten, Lehrern, Akademikern, Beamten, Druckern und Zeitungsleuten bzw. Publizisten. Dazu gehört auch ein großer Anhang von Künstlern wie Schriftstellern, Komponisten und Malern, die aber weiterhin in der Abhängigkeit eines nicht immer freisinnigen Mäzens stehen. Auch die Landwirte Palatinas zählen zur (unteren) Mittelschicht Palatinas, leben jedoch meistens ambitionslos in der Campagna.
Die Unterschicht zeichnet sich dadurch aus, dass sie immer gebraucht wird: als Arbeiter, Lastenträger, Gesellen, Dienstboten, Gondolieri oder Tagelöhner auf dem Feld. „Arbeiter“ ist dabei eine sehr weite Bezeichnung. Sie reicht von einer Anstellung in den Manufakturen bis hin zum Bergarbeiter, Kohlesammler oder Wasserträger.
Zuletzt gibt es noch das Militär und den Klerus. Gerade das Esercito bietet noch einen der wenigen Körper Palatinas, in denen der soziale Aufstieg möglich ist. Einfache Soldaten zählen meistens zur Unterschicht, Offiziersgrade zur Mittelschicht, und manche höheren Offiziersgrade sind unausgesprochen dem Patriziat angehörig, wenn es sich nicht um Nobili handelt. Das Militär bietet nicht nur eine gute Bezahlung sondern auch Sicherheit in Zeiten von Wandel und Niedergang.
Der Priesterstand wiederum gilt ebenfalls als sichere Versorgung. Die Pfarrer der Contraden gehören zur Unter- und Mittelschicht, Priester mit höheren Ämtern können auch in der Oberschicht verortet sein, je näher sie dem Bischof stehen.
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