Das Bassin

Die große Zitadelle von Palatina ist der Hauptsitz des Esercito, des palatinischen Militärs. Sie dominiert San Pietro und gilt als Nachfolgerin der veralteten Fortezza. Die Waffenmanufaktur und der Exerzierplatz sind ihr angeschlossen, das Arsenale ist ein verlängerter Teil der Zitadelle und gilt als eigener Teil des Komplexes.
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Die Signoria
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Das Bassin

Beitrag von Die Signoria »

Das Bassin im ehemaligen Arsenale

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Die Zitadelle verfügt über einen eigenen Militärhafen, der sich im Bereich des ehemaligen Arsenale befindet. Hier ankert der Rest dessen, was einst die Armada Palatinas war. Zwar gibt es immer noch ein Werftgebäude, um die Schiffe im Notfall selbst ausbessern zu können, doch ansonsten sind sämtliche Gebäude des ehemaligen Marinekomplexes zugunsten der Cittadella fremdentwendet worden, um den Bedarf des Esercito zu regeln. Seit 1736 ist kein palatinisches Schiff mehr vom Stapel gelaufen, und angesichts der Umstände – Holzmangel, billigerer Schiffskauf bei den Briten, prinzipielle Kosten-Nutzen-Rechnung der Marine – sieht es nicht so aus, als würde dergleichen je wieder passieren.

Vor Anker liegen die kleineren Schiffe der Marina Militare, die entweder Kurierdienste, Truppentransporte oder Patrouillenfahrten übernehmen. Offiziell sind Flotte und Armee immer noch getrennte Bereiche, doch gab es in letzter Zeit immer wieder Kompetenzüberschreitungen, weil die Republik es in den letzten Jahrzehnten unterließ, regelmäßig Admiräle zu ernennen. Mancher General machte daher eigensinnigen Gebrauch von den Schiffen, die hier vor Anker liegen. Neben einer Sloop und drei Briggs gehört dazu auch die „Preziosa“, die letzte Galeere Palatinas, die als schwimmendes Gefängnis des Militärs verwendet wird, und auf der schon so mancher Störenfried verbannt wurde.

Entgegen der Blütezeit zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert, als Pech in den Brennereien kochte und zischte, Seile in der Seilerei zurrten und knarrten, oder Segelmacher fluchten, wenn sie sich in die Finger stachen – ist dies heute ein vergleichsweise ruhiger Ort. Die Schiffe werden nur bemannt, wenn es nötig ist, ansonsten inspizierten ein paar Soldaten das Bassin auf ihrer Patrouille. Es bleibt das ruhige Schwappen des Rio und das säuselnde Ächzen der Planken. Der Aufseher dieses Militärbereichs schiebt heute eine eher ruhige Kugel.
Schiffe vor Anker:

- Sloop-Brigg „Tarquinio Semifreddo“
- Brigg „Timbaldo Ricotta“
- Galeere „Preziosa“
Wissen Sie, warum die europäische Gesellschaft stirbt? Sie stirbt, weil sie vergiftet worden ist. Sie stirbt, weil Gott sie geschaffen hatte um mit der katholischen Substanz ernährt zu werden und weil Kurpfuscher ihr die rationalistische Substanz als Nahrung verabreicht haben. Die einzelnen Menschen können sich noch retten, weil sie sich immer retten können. Aber die Gesellschaft ist verloren, nicht deshalb, weil ihre Rettung eine radikale Möglichkeit an sich darstellt, sondern weil die Gesellschaft meiner Überzeugung nach ganz offenbar nicht gerettet werden will. - Juan Donoso Cortés

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Tino Mascarpone
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Re: Das Bassin

Beitrag von Tino Mascarpone »

Ich will ein Admiral werden!

Es sind entschlossene Worte, die von einem steinernen Steg des Bassins über die Wellen und Masten der Schiffe gehen. Mit einem Bein voran steht ein Junge, höchstens dreizehn Jahre alt, auf einer gusseisernen Ankerstelle, schaut auf das Panorama des einstigen Arsenale, das abgesehen von müde wankenden Schiffen ruhig daliegt. Ein Schwarm Möven kreist über den Türmen der Hafenausfahrt, irgendwo geht ein Lagerarbeit schlendernd seines Weges, doch ansonsten ist es beinahe gespenstisch leer.

In der Brise flattern die langen, braunen Haare des Jungen unter dem Dreispitz in der Luft. Der große schwarze Hut nimmt ihm teilweise die Sicht.


Ich, Costantino Flavio di Mascarpone e Tartuffo, werde die Meere von Piraten, Korsaren und Franzosen säubern! Niemand wird sich der Macht meiner Flotte entgegenstellen! Austilgen werde ich sie, allesamt! Ins Wasser werfen wie Ratten! Zertreten wie Ungeziefer! Meucheln wie ... wie ...

Tino hat ein ausgeprägtes Gespür für Dramatik und Theatralik, doch auf einmal wollen ihm die Worte nicht einfallen, um die Szene genügend zu untermauern.
Er schüttelt den Kopf, nimmt den Faden wieder auf:


Wie Gemeuchelte eben. Es lebe lebe Palatina, es lebe San Leone, und es lebe der Ruhm unseres Hermelins!

proklamiert der dreizehnjähirge Nobilesohn, ballt eine Faust, lehnt sich in der Pose nach vorne - und verliert das Gewicht.

Nein ... nein ... NEIN!

*Platsch*

Es bleibt eine aufspritzende Fontäne, dort, wo der Junge ins Wasser gestürzt ist.
Palatina erwartet, dass jeder Mann seine Pflicht tun wird. - Unbekannt

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Marcantonio Castelli
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Re: Das Bassin

Beitrag von Marcantonio Castelli »

Marcantonio stand an der Anlegestelle, die Augen verengt. Es waren nicht mal mehr Möwen zu hören, das Rauschen des Rio hinter den Mauern des ehemaligen Arsenale auch nur entfernt vernehmbar. Wenig war los, an diesem großen Wasserbecken. Er hatte Geschichten gehört, Berichte gelesen - da waren hier tausende Palatiner am Werk, als zu den Glanzzeiten der Armada noch fast wöchentlich Schiffe vom Stapel liefen und sich dieser Gebäudekomplex einen Namen als eine der tüchtigsten und besten Schiffswerften Europas gemacht hatte. Lange her waren diese Tage. Vom Hämmern und Klopfen der Schiffszimmermänner war nichts zu vernehmen. Das Brodeln der Pechkessel, die Rufe der Hafenarbeiter, die zackigen Befehle der Offiziere der Fanti del Mar - alles nur noch eine entfernte Erinnerung längst vergessener Tage. Stattdessen einige gelangweilte Seemänner, ein, zwei Bürokraten, die unwichtige Briefe in noch unwichtigere Briefkästen warfen, um sie - das vermutete Marcantonio - dann in einer Stunde selbst abzuholen und zu öffnen.

Dann glitt der Blick zu den Mauern, hinter denen sich die Zitadelle erhob. Die schroffen Wände, die Kanonen, die man hier und dort sah - es sprach eine andere Sprache, als die der Marine. Die Marine, die Seefahrt - das bedeutete Freiheit. Den Wind in den Segeln, die Meeresbrise. Die Manöver im Wasser, die Seitenlage beim Wenden. Es war Kunst und Natur in Harmonie, anders konnte es Marcantonio nicht nennen. Und er wusste auch nicht, woher er diese Liebe zum nassen Element hatte. Seine Familie war anders. Doch sie hatten sich breitschlagen lassen, ihn in die Marineakademie zu schicken.

Aus einer Tasche seines Gehrocks kramte Marcantonio eine kleine Dose hervor. Bräunlich war der Inhalt, den er mit dem Daumen und Zeigefinger nahm und sich dann geschwind unter die Nase hielt. Ein Schniefen später schüttelte er kurz den Kopf, packt die Dose wieder weg. Aus einer anderen Tasche kramt er eine simple Taschenuhr hervor. Seine Familie war wohlhabend - aber niemals verschwenderisch. Als er Capitano wurde hatte ihm sein Vater dieses Stück geschenkt - ein Importstück, wie er betont hatte. Dabei war Marcantonio klar, dass das nichts besonderes war - Uhren kamen heutzutage zuhauf aus dem Ausland. Echte Palatinische Uhrmacher fertigten nur noch exquisite, südhaft teure Stücke für den lokalen Adel an - für solche Familien wie die seinige hatten sie kein Auge. Weil eben auch das Geld fehlte. Trotzdem hütete Marcantonio diese silberne Taschenuhr wie seinen Augapfel. Nicht nur, weil sie ihm unermessliche Dienste leistete, an Bord und auch an Land, sondern weil es eines der wenigen Sachen war, die sein Vater ihm jemals gegeben hatte.


"Noch sieben Minuten bis zu dem Termin. Heißt, ich gehe ich genau einer Minute und zwanzig Sekunden los, werde an der Admiralität in zwei Minuten und dreißig Sekunden ankommen, dann habe ich noch vier Minuten und dreißig Sekunden bis ich bei der Türe des Provedditore klopfen werde."

Marcantonio nahm Pünktlichkeit sehr ernst. Er war nie überpünktlich. Er war nie zu spät. Er war stets auf den Augenblick genau dort, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Noch einmal atmete er durch, ließ den Blick schweifen, die aufgeklappte Taschenuhr immer noch in der Hand. Ein lautes Geräusch, als ob man ein Fass voll Proviant ins Wasser geschmissen hätte, lässt ihn aufhorchen. Ein Dreispitzt schwimmt im Wasser, ringförmige Wellen breiten sich aus. Der Capitano verdreht die Augen, schaut zurück zu seinem Schiff, wo Martrosen über die Reling gelehnt warten. Er pfeift einen hohen Ton, nickt zu seinen Männern.

"Der erste, der den Typen aus dem Wasser holt, bekommt die doppelte Heuer für die Woche."

Marcantonio schaut gar nicht mehr auf das Getümmel, das sich hinter ihm auftut - er musste nämlich jetzt los. Seine Schritte lenkten ihn zum imposantesten Gebäude am Bassin - die Admiralität. Oder das, was von ihr noch übrig war - schließlich gab es seit Generationen keinen Admiral mehr.

Die Besprechung mit dem Provveditore
"Não sou quem fui, não quero sê-lo novamente." - Vasco da Gama

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Tino Mascarpone
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Re: Das Bassin

Beitrag von Tino Mascarpone »

Die Tarquinio Semifreddo! Was für ein schönes, ein schlankes, ein geschwindiges Schiff. Gab es das Wort geschwindig überhaupt? Egal!

Es ist zwar nicht Tinos erste Begegnung mit der Brig-Sloop. Schließlich hatte man ihn nach einer nicht gerade wenig dramatischen Szene aus dem Wasser gefischt und dort mit einer warmen Decke getrocknet. Doch nunmehr ist die Semifreddo nicht mehr irgendein zufälliges Schiff. Es ist Castellis Schiff. Und damit: sein Schiff!

Der junge Mascarpone hatte genügend Zeit gehabt, sich abzutrocknen und seine Sachen einzusammeln. Ein Bündel, einem Seesack nicht unähnlich, hängt über der Schulter. Über seiner Brust ist ein Sextant gespannt. Ein Fernrohr in seiner Rechten. Ein Stab in seiner Linken. Ein neuer hut auf seinem Kopf. Ein zweiter Beutel über der anderen Schulter. Ein Globus auf seinem Rücken.

Ein Newton'sches Pendel kullert aus dem Gepäck auf dem Kai, ist Zeuge der kompletten Überladung des Jungen, der völlig ungestört vom Übergewicht dennoch über die Planke an Bord geht, nur Augen für die heroischen Masten, die prachtvolle Reling, die mutige Mannschaft hat! Ja, die Semifreddo war für manch einen nur ein ausgemustertes britisches Schiff, dass Palatina für zweifelhafte militärische Geheimmanöver gekauft hat, aber für den Jungen ist es das Ticket in eine neue, aufregende, abenteuerliche Welt, eine Welt, die er erobern wollte!


Costantino Flavio di Mascarpone e Tartuffo, Kadett der Akademie von Porto Vecchio und zukünftiger Alfiere, Sohn des Valerio Mascarpone, bittet an Bord ...!

salutiert er überzackig vor dem Qustore am Schiffsübergang, worauf ihm zwei Messgläser aus dem Rucksack fallen, er nur noch mit Seitenblick den Sachen nachsehen kann

Ui ...

Die Reise beginnt
Palatina erwartet, dass jeder Mann seine Pflicht tun wird. - Unbekannt

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