Fraktionen und Gesinnung
Entwicklung der Fraktionen bis 1792
Historisch gesehen gab es Parteien bereits ab der Ära der Patrizierdogen (1733-1792). In dieser Zeit wandelte sich das Parlamento zum beherrschenden Faktor der Politik, der Senat geschwächt, der Doge entmachtet. Das obere Bürgertum, die Patrizi, wählten möglichst schwache Dogen, um ihre eigene relative Macht im Staat zu sichern. Das hatte zur Folge, dass die Exekutive ihre Durchschlagkraft verlor. Die Durchsetzung von Gesetzen erwies sich als immer schwieriger. In dieses Machtvakuum rückte das Militär, dass de facto den maroden Staat in seinen wesentlichen Funktionen am Leben erhielt.Entwicklung der Fraktionen bis 1792
Die zerstrittenen Parteiungen im Parlament waren in dieser Zeit die Mercanti, die Artigiani und die Palatini. Bereits damals zeichneten sich bei den Mercanti liberale Ideen nach britischem Vorbild ab, während die Artigiani vieles von der konservativen bis reaktionäre Ideologie vorwegnahmen. Um echte Fraktionen handelte es sich jedoch nicht. Die Palatini, die dritte Gruppe, war dagegen klein, aber in ihrem Kern eine Partei neuen Typs: sie brandmarkten die Nobili als Feinde, forderten eine Abschaffung aller Privilegien und forderten das Primat des Staates. Während die Mercanti vornehmlich die Interessen der Händler und die Artigiani die Interessen der Handwerker vertraten, bestanden die Palatini aus einer bunt gewürfelten Bürgerschaft, die allein die Ideologie einte.
Spätestens im Laufe der 1780er Jahre wurde klar, dass die traditionellen Parteien des Parlamento nicht mehr die wahren Verhältnisse innerhalb der Republik abbildeten. Im Senat bildete sich mit den Rittern von San Leone eine Gegenbewegung zur patrizischen Vorherrschaft, die fast von der gesamten Nobilität unterstützt wurde. Der wirtschaftliche Niedergang führte zugleich zum Auseinanderbrechen und Schwächung der Mercanti, der Bedeutungsverlust der Zünfte machte den Artigiani zu schaffen. Die Freimaurerloge repräsentierte die Interessen des aufgeklärten Bürgertums mittlerweile besser als eine politische Partei.
Im Verlauf der Französischen Revolution bildeten sich aus dem Grundstock der Palatini und der Freimaurerloge die Fraktion der Giacobini, welche dem Pariser Original nacheifern wollte. Zeitgleich lösten sich die ehemaligen Parteien der Mercanti und Artigiani auf. Damit endete 1792 das bisherige politische System und de facto auch die Dritte Republik der Patrizierdogen. Die Ritter von San Leone setzten ihren jahrelang gehegten Plan um, den Senat wieder zu alter Stärke zu führen, nachdem sie und ihre Anhänger wichtige Ämter in der Verwaltung übernommen hatten. Das Militär unterstützte die Machtübergabe an die alten Familien, war es doch der Jahrzehnte politischer Inkompetenz der Regierung und des Parlaments überdrüssig. Die Giacobini leisteten stattdessen vom ersten Tag Widerstand. Damit war das Fraktionsdreieck aus Leonisten, Militär und Jakobinern geboren.