Die Bocciofila im Parco Malvasia


Eine Bocciofila ist eine ausgewiesene, mit Sand gefüllte und durch Planken abgesperrte Bahn, auf der das Ballspiel Bocce (gioco delle bocce) gespielt wird. Es handelt sich um eine Kugelsportart, die mit anderen ähnliche Geschicklichkeits- und Präzisionsspielen wie dem französischen Boules oder dem britischen Bowls verwandt ist. Alle Formen stammen vermutlich von einem altrömischen oder altgriechischen Spiel ab. In Italien gibt es zudem verschiedene Ausformungen dieses Ballsports, auf die einzugehen hier zu weit führen würde.
Die Palatiner kennen das Spiel zwar schon seit Jahrhunderten, seine Vollendung erreichte es jedoch erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als genaue Regelwerke, professionelle Bahnen und eindeutige Maßeinheiten für die Kugeln eingeführt wurden. Neben der professionellen Form des Bocce-Spiels existiert die raue Variante immer noch im gemeinen Popolo, das eine Urform immer noch in den Straßen San Pietros oder auf dem Land spielt.
Allen Spielarten ist gemein, dass es eine kleine Kugel gibt, die zu Beginn einer Partie ausgeworfen wird. Die Spieler versuchen dann ihrerseits mit deutlich schwereren Kugeln – im professionellen Bocce mit einem Gewicht von zwei Pfund – in die Nähe dieser kleinen Kugel zu landen. Von den großen Kugeln (sg. Boccia, pl. Bocce) leitet sich der Name des Spiels ab, die kleine Kugel nennt sich Boccino. Während der Boccino häufig aus Holz besteht, können die Bocce aus Stein, Leder oder Metall sein, solange sie die richtige Größe und das richtige Gewicht haben. Die höheren Schichten besitzen eigene Bocce-Sets, die Prestigecharakter haben.
Das Bocce-Spiel hat vorwiegend deswegen an Beliebtheit gewonnen, da nicht physische Kraft die Hauptrolle spielt und die Spieler sich nur einer geringen körperlichen Anstrengung aussetzen. Es ist damit der perfekte Treffpunkt der oberen Mittelschicht und höheren Gesellschaft, um Kontakte zu knüpfen oder Gespräche zu führen. Häufig bringen Diener den Spielern kleine Stärkungen oder Getränke. Politische Treffen finden hier ebenso statt wie Geschäftsabschlüsse.
Giorgio Malvasia, der Vater von Cecilia, gab 1779 seinen Vorgarten samt Bocce-Bahn für die Öffentlichkeit als kleinen Park frei, kurz bevor er ins Parlamento gewählt wurde. Seitdem treffen sich die Palatiner unter schattigen Bäumen auf eine kleine Partie an diesem Ort. Giorgio hatte dabei nicht nur im Sinn, seine Reputation vor der Wahl zu erhöhen, sondern wollte damit auch ein deutliches Zeichen setzen: in der Zeit ansteigenden britischen Einflusses hatte das Cricket-Spiel größere Verbreitung gefunden und drohte ältere palatinische Sportarten zu verdrängen. Giorgio stand im Ruf, kein großer Freund der Briten zu sein.