Die Contraden Palatinas
Eine Contrada ist allgemein ein Ortsteil eines italienischen Stadtviertels und/oder eine Pfarrei bzw. Kirchengemeinde und Verwaltungsbezirk. Die Contraden Palatinas gelten als kleinste organisierte Einheit auf geistlichem wie auf weltlichem Feld. Jede Contrada besitzt einen Campo, d. h. einen Platz mit öffentlichem Brunnen oder Zisterne. Meistens - aber nicht immer - befindet sich dort auch die Pfarrkirche und der Sitz des Ortsvorstehers, den man in älteren Zeiten Capo Contrada nannte; ab der Zweiten Republik setzte sich der Name Pretore (Prätor) durch. Häufig stimmen der Name der Pfarrkirche und der Name des Ortsteils überein, das muss aber nicht die Regel sein.
In der mittelalterlichen Kommune Palatina hatten die Contrade deutlich mehr Macht als in späteren Zeiten. So wählte die Bevölkerung vor Ort ihren Capo Contrada; die Capi wiederum wählten später den Vorsteher des jeweiligen Stadtteils. Mit der Reform der Stadtvorsteher zu den Dogenberatern der jeweiligen Stadtviertel wurde die Rolle immer mehr zentralisiert: nicht mehr die Capi wählten den Vorsteher, sondern der Große Rat der Stadt (bzw. später das Parlamento). Bis heute hat es sich jedoch erhalten, dass der Pfarrer und der Prätor einer Contrada als wichtigste Amtsträger vor Ort gelten. Jede Contrada besitzt ein Pfarrhaus (Canonica) und einen Contradenpalast (Palazzo della Contrada/Palazzo del Pretore), wobei deren Größe und Ausstattung stark variieren kann.
Im Mittelalter war das Contradenbewusstsein deutlich ausgeprägter als in späteren Zeiten. Nicht nur die Viertel, auch ihre Contraden verfügten - und verfügen - über eigene Wappen, Fahnen und Traditionen. Schon in der Zweiten Republik hatte sich aber die Identität der Stadtbewohner eher zugunsten der Stadtviertel verlegt. Es gibt immer noch ein paar Animositäten und Reste lokaler Identität, welche jedoch gerade auf jüngere Palatiner archaisch wirken.
Eine Contrada muss nicht strikt administrativen bzw. staatlichen Vorgaben folgen, wenn es um die Idealgröße geht. Alte Contraden hatten Schwierigkeiten zu expandieren. Größe ist oftmals auch nicht der entscheidende Faktor, als vielmehr Prestige, Alter, Einwohnerdichte oder Wohlstand des Ortsteils.
Die Einwohner einer Contrade nennt man Contradioli.