Der Campo della Trinità

Das Viertel der Fischer und Arbeiter ist der dichtbewohnteste Stadtteil Palatinas. Mit dem handelspolitischen Niedergang der Republik hat das Militär und die Waffenmanufaktur hier deutlich an Einfluss gewonnen. Die Cittadella und das Arsenal sind militärisches Sperrgebiet.
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Luca
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Re: Der Campo della Trinità

Beitrag von Luca »

Luca spürt Giacomos kritischen Blick auf ihm lasten. Er ignoriert es so gut er kann, geht scheinbar auf den Krug konzentriert neben ihm her.
Doch dann die unausweichliche Frage.

Er seufzt schwer. Es ist kein genervtes Seufzen, eher ein nachdenkliches, unsicheres, hörbares Ein- und Ausatmen. Am liebsten würde er es einfach herunter spielen, doch er spürt, dass dies ein sinnloses Unterfangen wäre. Er spürt es in Giacomos Stimme und er spürt es in seinem Gesicht.

Die tatsächliche Antwort kommt etwas zögernd und mit einem Anflug von Trotz.


Weiß ich nicht.

sagt er ohne Giacomo dabei anzusehen.

Streng genommen nichtmals eine Lüge. Ihm ist jedoch bewusst, dass die Antwort Giacomo vermutlich nicht zufrieden stellen würde. Innerlich brüstet er sich schon für eine weitere, vielleicht noch nachdrücklichere Frage.
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Don Giacomo
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Re: Der Campo della Trinità

Beitrag von Don Giacomo »

Seine Sandalen schlürfen durch Dreck. Er schaut voraus, wo der Lichtschein der Taverne über die Straße strahlt. Riecht ranzige Gerüche. Den faulenden Gestank der Kanäle, wo sich Abfälle und Chemikalien aus der Waffenmanufaktur zu einem ätzenden Geruch vereinen.

Giacomo schweigt. Luca wusste es also nicht. Dass er einfach so überfallen wurde, mochte er aber auch nicht glauben. Der Junge hatte nichts, was sich zum Ausrauben lohnte. Das sah man auf hundert Ellen, das wusste man, auch ohne ihn zu kennen. Dass er zufällig Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, konnte der Dominikaner mit logischer Scholastik ausschließen.


Warum hat man dich so zugerichtet?

Das war die nächste logische Frage. Luca mochte vielleicht darauf spekulieren, dass er nicht bei der Identität nachhakte. Aber Offensichtlichkeiten wie diese waren unausgesprochen dazu da, um angesprochen zu werden. Der Junge zog Schwierigkeiten an. Den Teufelspakt schlossen nicht nur gelangweilte Akademiker mit Pudelaversion. Manchmal reichte es, sich mit den Banden anzulegen, die Straße für Straße als Territorium reklamierten. San Pietro war ein kinderreiches Viertel, dennoch suchte jeder Nachwuchs. Weil der Straßenschläger, den man angeworben hatte, der Renzano-Familie von nebenan fehlte.

Ein Nullsummenspiel, in dessen brutalen Bandenkriegen Menschen wie Material verschlissen wurden. Für eine handvoll Zucker mehr.
Der Papst? Wie viele Divisionen hat der denn? - Josef Stalin

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Luca
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Re: Der Campo della Trinità

Beitrag von Luca »

Luca hatte damit gerechnet, dass Giacomo weitere Fragen zum Angreifer stellen würde. Darauf bestehen würde, eine Auskunft darüber zu bekommen, wie dieser einzuordnen war. Die Frage die er nun aber gestellt hatte, war eigentlich noch viel schlimmer. Nicht nur, dass das "Wer" erstmal ein seichteres Gespräch gewesen wäre, nein, es kommt jetzt auch ganz entschieden darauf an, was er ihm sagen würde. Immerhin gibt es viele Möglichkeiten eines "warum".

Er will Giacomo nicht anlügen... aber er weiß auch nicht recht wo er anfangen soll zu erklären, und vor allem: Wo besser nicht. Giacomo würde so oder so nicht begeistert sein...

Die Nacht ist bereits deutlich herbstlicher als jene der letzten Wochen. Leichter Wind, treibt eine alte Tageszeitung über den leeren Kirchplatz.


Es... es ist ein bisschen etwas schief gelaufen.

Vielleicht.

Ich versuche das zu klären.

bemüht er sich nicht recht mit der Sprache heraus rücken zu müssen.

Er will Geld.

platzt es dann plötzlich doch noch und entschieden zerknirschter aus ihm heraus.
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Don Giacomo
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Re: Der Campo della Trinità

Beitrag von Don Giacomo »

Zuerst hatte Giacomo nichts sagen wollte, weil Luca offenbar nicht bereit ist, über das Vorgefallene zu sprechen. Doch dann gibt es da diese Regung, eine letzte, gar nicht mehr erahnte Regung, ein Moment, in dem wenigstens ein Pfahl im Holzdamm von Lucas Nichtwollen bricht.

Der Wind geht kurz durch das weiße Dominikanerhabit, plustert die Falten auf, legt sich wieder.


Geld.

Es ging immer nur um Geld. Vermutlich mehr, als Luca bisher gesehen hatte. Mit einigen tausend Lire würde es nicht getan sein. Das war die Botschaft von Lucas Wunden. Giacomo musste nicht lange überlegen. Es gab Gründe, wieso er Geld und Waren weißwusch, indem er illegales Gut nach San Paolo weitervergab. Nicht, weil er sonderlich davon profitierte. Profit blieb in San Pietro einzig und allein Ruhe, Frieden und Nichtbelästigung durch zwielichtige Gestalten.

Nein. Er tat es auch, weil er damit die Not kanalisierte. Würden die Verbrecher dieses Stadtteils ihre Waren mit größeren Problemen nicht loswerden, bedeutete das für einige Familien den Bankrott und für Leute wie Luca noch mehr Schläge. Man konnte wählen.

Der Kampf um den Mammon war nicht schön. Aber teilweise, das merkt Giacomo, fühlt er sich erleichtert. Die aufkeimende Anarchie, die Hinterhalt, Mord, Vergewaltigung, Misbrauch und Vertreibung mit sich brachte, hatte deutlich unangenehmere Tendenzen. Luca steht vielleicht vor einem sehr schwierigen Problem, aber keinem unlösbarem.


Es ist immer gut, wenn man Dinge klärt.

Sollte er ihm helfen? Das war mehr eine hilflose Ausrede als eine abgemachte Sache. Aber Giacomo denkt sich, dass, wenn es Luca nicht selbst merkt, wie lächerlich das klingt, ihm auch nicht mehr zu helfen ist. Gewisse Banden klärten ihre Differenzen mit einer Messerklinge. Er würde warten, bis Luca offener mit ihm sprach.

Und ich schätze, du brauchst ein paar neue Kleider.

fügt er interessiert dazu
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Luca
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Re: Der Campo della Trinità

Beitrag von Luca »

Luca ist verunsichert. Mit einer so trockenen Reaktion hatte er nicht gerechnet. Keine kritischen Fragen, keine Vorwürfe...

Hatte er gerade noch versucht das Thema zu umgehen, merkt er nun, wie es beinahe Enttäuschung in ihm auslöst. Insbesondere, da ihm durch die Beschäftigung mit der Problematik nun wieder schmerzlich bewusst ist, in welcher Lage er sich befindet.


Vielleicht ist das Hemd ein wenig blutig geworden...

reagiert er dann auf Giacomos Frage.

Aber ich glaube das ist eigentlich gerade gar nicht so wichtig...

fügt er dann resigniert hinzu.

Er muss unbedingt Dom finden und mit diesem sprechen. Oder einen Weg finden der Gegenseite deutlich zu machen, dass er keinen Einfluss darauf hat, ob diese ihr Geld bekommen. Beides erscheint ihm nicht besonders vielversprechend. Er hätte sich einfach niemals darauf einlassen sollen...

Wann wollt Ihr morgen die Kapelle reinigen?
fragt er dann unvermittelt.

Ich muss noch jemanden suchen...

Es geht in die Taverne
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