
Auf der südlichen Seite des Marktplatzes erhebt sich ein Patrizierhaus aus der späten Renaissance, das mit seiner wohlproportionierten Architektur, seinen klaren Linien und der Harmonie seiner Fassade sofort ins Auge fällt. Es handelt sich um eines der größeren Privatgebäude am Platz, und Passanten, die an den großen Schaufenstern im Erdgeschoss vorbeigehen, haben einen angenehmen Brotgeruch in ihrer Nase. Auf einem schwarzen Metallschild steht in goldenen Lettern: „Dolci del Doge“.
Die Bäckerei befindet sich wie das gesamte Haus im Besitz der alten Bäckerdynastie Albizzi, die ursprünglich aus San Paolo stammt. Über 200 Jahre hatten sie dort ihren Stammsitz, expandierten dann im 17. Jahrhundert in die Città Nuova. Die Handwerkerfamilie hatte ab diesem Zeitpunkt Ambitionen auf die Erringung des Patrizierranges, nachdem sie generationenlang eher im Hintergrund geblieben war. Die erste Bäckerei in der Città Nuova lag jedoch nicht am Marktplatz, sondern in der Via Antica. Beim Stadtbrand von 1654 wurde die Bäckerei in San Paolo ein Raub der Flammen und nicht wiederaufgebaut. Die finanziellen Verluste konnte die Familie erst in den beiden Nachfolgegenrationen ausgleichen. Erst um 1700 eröffnete die Familie eine neue Bäckerei in San Paolo, behielten jedoch ihre Wohnung in der Città Nuova. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte sich der Wohlstand mit einer dritten Bäckerei so gemehrt, dass Antonio Albizzi, der Großvater von Giuseppe, in den Patrizierrang erhoben wurde. Wenig später saß er als Abgeordneter im Parlamento. Der Aufstieg machte den Kauf eines repräsentativen Familiensitzes nötig. Antonio erwarb die heutige Ca‘ Albizzi von einem bankrotten Kaufmann und ließ sie zusätzlich erweitern.
Seitdem beherbergt das Erdgeschoss eine großzügige Bäckerei, die ihr raffiniertes Angebot aus Pasta, Süßigkeiten, Laiben und täglich frischen Brötchen in ihren Schaufenstern ausstellt. Innerhalb gibt es auch ein paar Rundtische und Stühle zum Verweilen. Auf Kaffeeausschank wird verzichtet, stattdessen gibt es Tee. Hinter der Theke schließt sich ein kurzer Gang an, wo es einerseits zu Backstube, Lager, Küche und Hinterhof geht, andererseits zu einem Treppenhaus, das in die oberen Stockwerke führt. In der ersten Etage sind der Speisesaal, ein Salon, sowie das Arbeitszimmer und Schlafzimmer des Familienoberhauptes Giuseppe untergebracht. Die zweite Etage ist in eine Wohnung für Giuseppes Vater Lorenzo und eine Wohnung für seine Schwester Leonora aufgeteilt; der Bereich dazwischen war früher die Wohnung von Giuseppes anderer Schwester Salomè; der Platz wird aber derzeit anders arrangiert. Unter dem Dach verfügt das Haus über zusätzlichen Platz. Giuseppe nennt das verstaubte und zugestellte Dachgeschoss gerne „Enricos Wohnung“.
Es gibt noch einen zweiten Zugang, nämlich von der Straßenseite hinter dem Haus. In einer Mauer befindet sich dort ein großes Tor, über das Warenlieferungen abgewiegelt werden. Die Bäckerei verfügt über ein Pferd und eine dazugehörige Kutsche. Über den Hinterhof, in dessen Mitte ein Kirschbaum blüht, erreicht man nicht nur das Lager, sondern auch einen Stall.
Orientierung:
Erdgeschoss: Geschäftsbereich, Backstube, Küche, Lager, Stall, Hinterhof
1. Etage: Salon, Speisesaal, Waschraum, Arbeitszimmer, Giuseppes Wohnung
2. Etage: Lorenzos Wohnung, Leonoras Wohnung, Salomès Wohnung
3. Etage: Verstaubtes Dachgeschoss („Enricos Wohnung“)

Erdgeschoss der Ca' Albizzi mit Geschäftsbereich